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Pakistanisch-indische Grenze

Südasiatische Schilder-Diplomatie

Feature

Pakistan hat seine Grenze nun auch auf Hindi ausgeschildert. Das überrascht die indische Presse. Beide Seiten kennen sich mit Gesten gut aus, doch das Verhältnis der beiden südasiatischen Streithähne bleibt kühl.

Unlängst war in der indischen Zeitung The Hindu eine ungewöhnliche Schlagzeile zu lesen: »Pakistan macht den Wagah-Grenzübergang Inder-freundlicher.« Eigenartig ist schon mal, in einem indischen Blatt etwas Positives über den Nachbarn zu lesen. Und dann sogar »Inder-freundlich«? Wird nämlich in Indien über »Pak« berichtet, so verheißt das in der Regel ein dreifaches Übel: Kricketgegner, Kaschmirkonflikt oder Terrorismus. Zudem hat sich für die berüchtigte Grenze zwischen den zwei Rivalen der Titel »Eiserner Vorhang Asiens« eingebürgert.

 

Die rund 3.000 Kilometer sind hermetisch abgezäunt und bewacht, teilweise mit Flutlichtern ausgeleuchtet. Der einzige passierbare Straßenübergang liegt nahe dem pakistanischen Dorf Wagah. Doch seit kurzem hat sich zumindest auf der pakistanischen Seite der Wagah-Grenze etwas verändert. Die wichtigsten Hinweisschilder vor dem Schlagbaum sind jetzt nicht mehr nur auf den Landessprachen Pakistans, Urdu und Englisch, zu lesen. Nun findet man hier in weißen Lettern auch die Sprache des Nachbarn: Hindi.

 

Eine Grenzziehung quer durch Dörfer und Familien

 

Visa werden allerdings nur in Ausnahmefällen und nach langer Wartezeit erteilt. Ein Pakistani darf Indien beispielsweise besuchen, wenn er noch Verwandte dort hat. Seine Reisefreiheit ist dann aber auf die Wohnorte seiner Familienmitglieder beschränkt. Als die Grenze zwischen den Ländern 1947 gezogen wurde, schnitt sie quer durch Dörfer und Familien. Manchmal ging sie sogar mitten durch ein Wohnhaus. Die Aufteilung des einstigen Britisch-Indiens entlang von Religionslinien war das Werk der Kolonialherren; die Völkerwanderung, die sie auslöste, war eine der größten in der Menschheitsgeschichte.

 

Tatsächlich bestehen zwischen Pakistan und Nordindien viele Gemeinsamkeiten – etwa in der Küche, Musik oder den bevorzugten Transportmitteln. Am deutlichsten aber wird das Schicksal der beiden Länder, die einst ein geeinter Kulturraum waren, bei der Sprache. Das pakistanische Urdu stimmt in Vokabular und Grammatik zum Großteil mit Hindi überein. Der Unterschied liegt in der Schrift: Während sich Urdu des arabischen Alphabets bedient, wird Hindi auf Devanagari, der nordindischen Schrift, geschrieben. Urdu ist auch Hauptmedium der 160 Millionen Muslime Indiens.

 

Mit Gesten kennen sich die Streithähne gut aus

 

Die Tageszeitung The Hindu zeigte sich überrascht angesichts des sprachlichen Entgegenkommens Pakistans. Nun würden indische Besucher – viele sind es in der Tat nicht – zur Schalterschlange, den Toiletten und der Trinkwasserfontäne auf ihrer eigenen Sprache navigiert. Nach Angaben von The Hindu sollen die pakistanischen Behörden für die Hindi-Wörter Google zur Hilfe genommen haben. Kürzlich fragten die Pakistanis eine Inderin an der Grenze nach der Richtigkeit ihrer Übersetzungen. Indien jedoch, so heißt es in dem Artikel kritisch, habe die Geste nicht erwidert.

 

Der gegenüber liegende Grenzübergang sei noch nicht »Pakistani-freundlich« ausgestattet. Mit Gesten kennen sich die Streithähne gut aus. Im Jahr 1999 wurde mit großer Symbolik die erste Buslinie von Delhi nach Lahore eröffnet. Nach Anschlägen auf das indische Parlament wurde der Verkehr für anderthalb Jahre eingestellt. Zu Cricket-Spielen haben pakistanische und indische Premiers einander wiederholt Besuche abgestattet und im indischen Journalismus als »Cricket-Diplomatie« gefeiert.

 

Doch seit in den vergangenen Monaten im umstrittenen Kaschmir an der »Line of Control« bei Schusswechseln auf beiden Seiten Soldaten umgekommen waren, liegt die Nachbarschaftstemperatur mal wieder nahe des Gefrierpunkts. In solchen Zeiten scheint undenkbar, was ein anonymer Sprayer auf einer großen Straßenkreuzung in Delhi einmal erträumt hat. »Like to Germanys – let India and Pakistan reunite« steht dort auf einer Mauer in Großbuchstaben. Auf Englisch.

Von: 
Marian Brehmer

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