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Parlamentswahlen in Pakistan, die Rolle Imran Khans und die Macht des Militärs

Pakistans faustischer Pakt

Analyse
von Leo Wigger
Wahlen in Pakistan
Pakistans Premier musste erst sein seinen Posten räumen und sitzt nun sogar im Gefängnis. Kommt als nächstes das politische Aus für seine Politdynastie bei den Wahlen in Pakistan? Sw71rh / Creative Commons Attribution-Share Alike 4.0 International

Am 25. Juli wählt Pakistan ein neues Parlament. Steht das Land vor dem Sieg eines Saubermanns und dem überfälligen Ende korrupter Familiendynastien oder schafft das Militär mal wieder klammheimlich die Demokratie ab?

Kurz vor den dritten Parlaments- und Provinzwahlen seit Ende der Militärherrschaft 2008 deutet alles auf einen Zweikampf hin. Auf der einen Seite steht die regierende konservative Pakistan Muslim League (Nawaz) unter Führung von Shehbaz Sharif, auf der anderen die aufstrebende Pakistan Tehreek-e-Insaf (PTI) des ehemaligen Cricketspielers und Oxfordabsolventen Imran Khan.

 

Khan, einstiger Lebemann und Liebling der feinen Londoner Gesellschaft, gibt sich bodenständig und sagt der Klüngelwirtschaft alteingesessener Eliten den Kampf an. Sein Sieg würde das einstweilige Ende der Herrschaft zweier einflussreicher Politdynastien bedeuten, die die Politik, von mehrmaliger Militärherrschaft unterbrochen, seit Anfang der 1970er Jahre bestimmt haben. Gleichzeitig schlagen Pakistans einflussreichste Intellektuelle und Medienvertreter Alarm. Sie warnen vor dem Ende der Demokratie und fürchten, das Militär könnte die Wahlen entscheidend beeinflussen. Verkappter Militärputsch oder Sternstunde der Demokratie:

Wie passen diese beiden Erzählungen zusammen? 

 

Die erste Geschichte: Ein Familiendrama in zwei Akten

 

Die erste der zwei scheinbar gegensätzlichen Erzählungen dieser Wahl handelt von zwei feudalen Familiendynastien, den Bhuttos und den aktuell amtierenden Sharifs, die das Land in Zeiten der Demokratie mit kurzen Unterbrechungen seit nunmehr 1973 abwechselnd regieren. Es ist die Geschichte vom Aufstieg und Niedergang zweier Familien, denen es trotz allen Bekenntnissen zu demokratischen Werten, zu progressiver Politik und wirtschaftlicher Entwicklung, im Kern doch immer nur um den eigenen Vorteil ging. Die das Land, wann immer möglich, behandelten wie Privatbesitz und über Jahrzehnte immer reicher wurden. Und die nun zum ersten Mal seit über vier Dekaden mit einer Schlappe an der Urne rechnen müssen.

 

Die Bhuttos sind lokal einflussreiche Großgrundbesitzer und stammen aus Larkana in der vergleichsweise armen südlichen Provinz Sindh. Sie waren damit ursprünglich gewissermaßen Außenseiter in einer politischen Ökonomie, die seit der Unabhängigkeit von Großbritannien 1947 maßgeblich von Großgrundbesitzern aus dem nördlichen Punjab dominiert wurde. Aus dem Kreise der Bhuttos schafften es bisher Zulfiqar Ali Bhutto (1973-1977) und seine 2007 ermordete Tochter Benazir Bhutto (1993-1996) ins höchste Staatsamt. Beide studierten in Oxford, waren rhetorisch begabt und verfolgten mit ihrer linken Pakistan Peoples Party (PPP) eine gemäßigt progressive Politik, die von rechts wie links stark angefeindet wurde.

 

Champagnersozialisten, wenngleich es Zulfiqar Ali Bhutto war, der den Alkoholkonsum im Land einst verbieten ließ. Ein Hang zum Autokratentum war Bhutto Senior durchaus eigen. So spannte er das Militär zur Durchsetzung innenpolitischer Ziele ein, und ließ die Armee in die Provinz Belutschistan einmarschieren. Dort regierte damals die größte Oppositionspartei des Landes, die National Awami Party. Doch kurz darauf wurde es dem Militär zu bunt. Unter dem Vorwand, die Demokratie wiederherzustellen, putschte es Bhutto aus dem Amt und ließ ihn zwei Jahre später hinrichten.

 

Seine rhetorisch noch etwas begabtere Tochter Benazir Bhutto trat sein Erbe im Exil an und gewann als streitbare Verfechterin säkularer Werte an Profil. Doch als Benazir nach der Wiederherstellung der Demokratie einige Jahre später selbst zur Premierministerin gewählt wurde, zeigte auch sie eine gewisse Neigung, das ganze Land wie ihre Latifundien in Sindh zu behandeln. Ihre Amtszeit war von zahlreichen Korruptionsskandalen überschattet. Noch wilder trieb es ihr Ehemann Asif Ali Zardari, der ebenfalls aus einer einflussreichen Großgrundbesitzerfamilie stammt. Der ehemalige pakistanische Präsident (2008-2013) ist im Volksmund als »Mister Zehn Prozent« bekannt. Ein wenig schmeichelhafter Spitzname, der sich auf sein verbürgtes Talent im Einstreichen von Schmiergeldern bezieht.

 

Die Sharif-Familie und ihre sozialkonservative, aber wirtschaftsfreundliche Pakistan Muslim League (Nawaz), kurz PLM(N), kommen dagegen aus dem Punjab, dem Kernland der traditionellen Eliten Pakistans. Der Dynastiegründer Muhammad Sharif formte aus einer kleinen Eisengießerei in der Metropole Lahore die Ittefaq Group, das größte Stahlkonglomerat des Landes. Er politisierte sich, als Zulfiqar Ali Bhutto Anfang der 1970er Jahre die Stahlindustrie verstaatlichen wollte. Gemeinsam mit anderen Großgrundbesitzern und Industriellen aus dem Punjab, die ihre Geschäftsinteressen bedroht sahen, spielte er eine nicht unwesentliche Rolle bei der Entmachtung Bhuttos.

 

Seine Söhne Nawaz und Shahbaz, fest verankert im punjabischen Establishment, führten das Erbe ihres Vaters aktiv in der Politik fort. Nawaz wurde 1990 erstmals zum pakistanischen Premierminister gewählt, bis er aufgrund von Korruptionsvorwürfen nach drei Jahren zurücktreten musste. 1996 gelang ihm die Rückkehr ins höchste Amt, bis das Militär ausgerechnet ihn, der sich lange bester Beziehungen zum Sicherheitsapparat rühmte, wegen außenpolitischer Meinungsverschiedenheiten aus dem Amt entfernte.

 

Im Exil in Saudi-Arabien ließen die Sharifs ihre Differenzen mit der Bhutto-Familie ruhen. Seit der abermaligen Wiederherstellung der Demokratie 2008 wechselten sich die PPP und die PLM(N) gegenseitig an der Macht ab. Seit 2013 führte abermals Nawaz Sharif die Geschicke des Landes, nun allerdings in enger Zusammenarbeit mit dem Internationalen Währungsfond und China, denn Pakistan spielt in Pekings »Belt and Road Initiative« eine zentrale Rolle. Große Infrastrukturprojekte unter dem Sammelnamen »Chinese-Pakistan Economic Corridor« (CPEC) spülen seitdem Milliarden ins Land. Auch wenn die Staatsverschuldung deutlich nach oben schnellte, wuchs die Wirtschaft unter der Ägide des Sharifs stetig, 2017 um 5,79 Prozent – der höchste Wert seit mehr als zehn Jahren.

 

Der Löwenanteil der neuen Reichtümer floss in den Punjab, wo Bruder Shehbaz als Ministerpräsident regierte, und seinerseits große Infrastrukturprojekte in die Wege leitete. Routiniert spielten sich die Brüder jahrelang die Bälle zu. Andere Provinzen gingen meist leer aus. Während die Sharifs beispielsweise in mehreren Städten Punjabs öffentlichen Nahverkehr aufbauten, liegen ähnliche Bestrebungen in anderen Landesteilen bis auf wenige Ausnahmen brach.

 

Doch mit der Veröffentlichung der Panama Papers durch das »Internationale Netzwerk investigativer Journalisten« (ICIJ) wendete sich das Blatt zu Ungunsten der Sharifs. Neben dem Vorwurf der mangelnden Ausweisung von Einkünften aus einer Briefkastenfirma wurden Nawaz öffentlich gewordene dubiose Immobiliengeschäfte seiner Kinder in London zum Verhängnis. Eine von Pleiten, Pech und Pannen gekennzeichnete Verteidigungsstrategie tat ihr Übriges.

 

Nach großem öffentlichen Druck, unermüdlich durch Oppositionsführer Imran Khan angestachelt, verhängte der Oberste Gerichtshof im Sommer 2017 schließlich ein Politikverbot gegen Nawaz Sharif. Der Premierminister musste zurücktreten und wurde in Abwesenheit zu zehn Jahren Haft verurteilt. Mitte Juli setzten ihn pakistanische Sicherheitskräfte bei seiner Rückkehr nach Lahore fest. Raffgier und Korruption waren den politischen Dynastien in Pakistan abermals zum Verhängnis geworden.

 

Bei den bevorstehenden Parlamentswahlen muss es für die nach unzähligen Skandalen stark geschwächten Parteien PPP und PLM(N) nun die zweite Reihe richten: Shehbaz Sharif und Bilawal Bhutto, der politisch unerfahrene erst 29-jährige Sohn der 2007 ermordeten Benazir Bhutto. Besonders die PPP steht in Umfragen schlecht da. Triumphieren könnte daher die PTI von Imran Khan, die sich den Kampf gegen Vetternwirtschaft und Korruption ganz oben auf die politische Agenda geschrieben hat.

 

Seit seiner Rückkehr nach Pakistan gibt der einstige Cricket-Held den islamischen Volkstribun, der für eine neue politische Kultur in Pakistan eintritt. Mit dem Bau von Krankenhäusern und einem Schmusekurs gegenüber radikalen Islamisten gewann er gerade bei jüngeren Wählern und der neu entstandenen religiösen Mittelschicht an Beliebtheit. Seit 2013 führt seine Partei zudem die Regierungsgeschäfte in der Provinz Khyber-Pakhtunkhwa und verfügt damit über eine eigene Machtbastion. Nun könnte die Zeit der politischen Dynastien also abgelaufen sein und der pakistanischen Politik ein überfälliger Neuanfang bevorstehen.

 

Doch das ist nur die eine Geschichte.

 

Denn Pakistan entzieht sich einfachen Wahrheiten. Das Land mit seinen über 200 Millionen Einwohnern, immerhin fast halb so vielen wie die gesamte arabische Welt, macht unseren gewohnten Wahrnehmungsmustern zu schaffen. Es wirbelt den inneren Kompass, mit dem wir Vorgänge in scheinbar passende Kategorien einordnen, kräftig durcheinander.

 

Auf der einen Seite: Millionen Menschen sind zuletzt in die Mittelklasse aufgestiegen, Reihenhaussiedlungen nach amerikanischem Vorbild schießen in den Großstädten aus dem Boden. Pakistan: eine aufstrebende Demokratie mit unabhängiger Justiz und angriffslustiger Presse. Ein Land, das schon in den 1980er Jahren eine Frau zur Premierministerin wählte. In dem in englischsprachigen Eliteuniversitäten offen die Feinheiten der Theodizee-Frage diskutiert werden können.

 

Auf der anderen Seite: Was ist das für ein Land, in dem seit 2000 über 22.000 Zivilisten bei Terroranschlägen ums Leben gekommen sind? In dem sich die Bedeutung des öffentlichen Raumes subtil verändert, Misstrauen Einzug hält, sich das Leben über Jahre ins Private, in digitale Ersatzwirklichkeiten verschiebt. Dazu: Kinderarbeit und de-facto Leibeigenschaft, die konstante Missachtung grundlegender Bürgerrechte von Anhängern religiöser und ethnischer Minderheiten.

 

Ein Land, in dem der bloße Vorwurf der Blasphemie oft reicht, um den Mob zu Lynchmorden an Christen, Sozialisten oder einfach nur unliebsam gewordenen Nachbarn anzustacheln. In dem ein rätselhaftes Militär, das möglicherweise islamistische Terroristen im Ausland finanziert und über Atombomben verfügt, in dem reiche Feudalherren als korrupte Politiker die Pfründe unter sich aufteilen. Kein Wunder, dass der britische Wissenschaftler Anatol Lieven sein Standardwerk zur pakistanischen Politik schlicht »Pakistan: A Hard Country« nannte.

 

Die zweite Geschichte: Eine Intrige

 

Mitte Juli zündete Hameed Haroon eine rhetorische Bombe. Es sprach in einem Kommentar für die Washington Post von »bisher einmaligen Angriffen der pakistanischen Armee auf die Pressefreiheit« während der zurückliegenden Monate. In einem bemerkenswert angriffslustigen Interview in der BBC legte Haroon kurz darauf nach. Er warf der Armee vor, die Arbeit von Journalisten zu behindern, die politische Ausschaltung von Nawaz Sharif zu forcieren, und sich deshalb bei den bevorstehenden Wahlen gar eindeutig auf Seiten Imran Khans zu positionieren.

 

Hameed Haroon ist nicht irgendwer, sondern Geschäftsführer der mächtigen Dawn-Verlagsgruppe. Der Harvard-Absolvent hat aus dem Dawn, der auflagenstärksten, traditionsreichsten und angesehensten englischsprachigen Zeitung des Landes, ein einflussreiches Nachrichtenkonglomerat geformt, das für international ausgerichteten Qualitätsjournalismus steht. Autoren des Dawn schreiben regelmäßig in den bekanntesten englischsprachigen Zeitschriften der Welt, in der New York Times, dem Guardian, oder dem Independent.

 

Die Kämpfe des Dawn mit den Mächtigen des Landes, mit Zulfiqar Ali Bhutto, mit Zia Ul-Haq oder Pervez Musharraf sind legendär. Bereits mehrfach versuchte der Sicherheitsapparat, das Blatt zum Schweigen zu bringen, insbesondere in den Jahren der Militärdiktatur Ende der 1970er Jahre. Und so schwingen in Haroons Kritik gleich zwei Ungeheuerlichkeiten mit: Ist es in diesen vermeintlich demokratischen Zeiten wirklich so schlecht um die Pressefreiheit des Landes bestellt wie niemals zuvor? Und wie kann es sein, dass der Dawn, Flaggschiff des liberalen pakistanischen Bildungsbürgertums, Partei ergreift für einen korrupten und konservativen Politiker wie Nawaz Sharif? Denn daran, dass die Korruptionsvorwürfe gegen die Sharif-Familie im Kern zutreffen, wird spätestens nach der Verurteilung des Politikers wohl auch Haroon kaum zweifeln.

 

Und so ist es die Geschichte einer Intrige, die Haroon, und andere pakistanische Intellektuelle wie Ahmed Rashid oder Ayesha Siddiqa mit Vehemenz in die Welt tragen. Die Geschichte einer Intrige des Sicherheitsapparates, des so genannten tiefen Staates, gegen die demokratischen Institutionen Pakistans und damit auch gegen die Pressefreiheit. Sie beginnt nicht mit der Veröffentlichung der Panama Papers, sondern mit einem Artikel des Dawn-Autoren Cyril Almeida im Oktober 2016. Almeida ist das, was man in Journalistenkreisen eine Edelfeder nennt. Der Sohn ursprünglich aus Goa stammender Katholiken, auch er ein Oxford-Absolvent, gehört zu den renommiertesten Autoren der Zeitung.

 

In seinem Artikel berichtete Almeida von einem Treffen zwischen Nawaz Sharif und der Militärführung, in dem der damalige Präsident unmissverständlich ein vehementeres Vorgehen der Armee gegen militante Gruppen einforderte, da Pakistan ansonsten internationale Isolation drohe. Sowohl die Sharifs als auch das Militär sollen nach der Veröffentlichung getobt haben, berührte der Artikel doch sensibelste Sicherheitsbereiche. Almeida wurde mit einer Ausreisesperre belegt. Doch insbesondere für die pakistanischen Sicherheitskräfte war der Fall damit nicht abgeschlossen. Denn der Artikel legte nahe, dass Berichte über die Unterstützung militanter Gruppen durch die pakistanische Armee zuträfen. Ein Vorwurf, der sonst gewöhnlich als Propaganda des benachbarten Indiens abgetan wird. Die Presse, insbesondere der Dawn, sollte dafür büßen.

 

Ähnlich kränkend mag für die Armeechefs aber die öffentliche Maßregelung durch einen Zivilisten – Premierminister Nawaz Sharif – gewesen sein. Der Premier hatte den Bogen überspannt. Die Militärs könnten in den, ein halbes Jahr zuvor veröffentlichten, Panama Papers deshalb den idealen Vorwand gesehen haben, um den unliebsamen Politiker loszuwerden. Die Generäle, so erzählt es zum Beispiel der Journalist Abbas Nasir, bestärkten die Justiz, die bis dahin schleppend verlaufenden Ermittlungen mit mehr Nachdruck voranzutreiben. Oppositionsführer Imran Khan ermunterten sie, die Korruption der PLM(N) weiterhin öffentlichkeitswirksam anzuprangern.

 

Und nachdem das Gericht Sharif im April 2017 ursprünglich aus Mangel an Beweisen freigesprochen hatte, mischten sich die Militärs kurzerhand in das Verfahren ein. Mit den Brigadegenerälen Nauman Saeed und Kamran Khursheed gehörten plötzlich zwei Angehörige des Sicherheitsapparates zu einem sechsköpfigen Sonderermittlerteam, das in einem Abschlussbericht die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen den Politiker forderte. Im Sommer 2017 verhängte der Oberste Gerichtshof ein Berufsverbot gegen Sharif. Der Premierminister musste zurücktreten.

 

Während des aktuellen Wahlkampfes soll das Militär dann noch einen Schritt weiter gegangen sein, um die Wahlniederlage der geschwächten PLM(N) sicherzustellen. Der Sicherheitsapparat habe Kandidaten der PLM(N) gezielt eingeschüchtert oder zum Parteiwechsel gedrängt, so der Vorwurf. Und tatsächlich nahm gerade die PTI einige alte Systempolitiker auf. In Belutschistan sagte sich gar die amtierende Provinzregierung von den Sharifs los und gründete kurzerhand eine neue Partei, die Balochistan Awami Party, der gute Beziehungen zur Armeeführung nachgesagt werden. Zudem häuften sich Verfahren gegen Sharif-Vertraute. Ein Sondergericht verurteilte jüngst den einflussreichen PLM(N)-Politiker Hanif Abbasi wegen Drogenmissbrauchs zu lebenslanger Haft.

 

Auch der Zugang zu Dawn und dem Fernsehsender GEO TV wurde massiv eingeschränkt. Der Dawn ist in einigen Landesteilen seit Monaten nicht mehr im Handel erhältlich. Selbst in Städten wie Lahore sollen Sicherheitskräfte Straßenverkäufer angewiesen haben, die Zeitung aus dem Sortiment zu nehmen. Nach kritischen Äußerungen über das Militär entführten Unbekannte die Journalistin Gul Bukhari, die nach einem Sturm der öffentlichen Entrüstung jedoch nach wenigen Stunden wieder unversehrt auftauchte. Generalmajor Asif Ghafoor, Pressesprecher der pakistanischen Armee, hatte unmittelbar zuvor verlauten lassen, dass man »Trollaccounts« in den sozialen Medien genau beobachte. Viele verstanden das als Drohung gegen unabhängige Journalisten.

 

Ein faustischer Pakt?

 

Welche Geschichte erzählt diese Wahl also? Die vom Niedergang korrupter Familiendynastien oder die von der schwierigen Zukunft der pakistanischen Demokratie angesichts mannigfaltiger Manipulationsversuche?

 

Angesichts der knappen Umfrageergebnisse ist die Wahl für die PLM(N) nun allerdings noch keinesfalls verloren. Mit der Rückkehr Nawaz Sharifs und seiner öffentlichkeitswirksamen Festnahme am Flughafen ist den Parteistrategen zudem ein echter PR-Coup gelungen. Seine sorgsam inszenierte Rolle als Märtyrer gegenüber einem übergriffigen Sicherheitsapparat scheint den Sharifs gerade in Punjab wieder starken Auftrieb zu verleihen.

 

Zudem kommt es bei Teilen der oftmals sehr jungen und von Idealismus geprägten PTI-Basis alles andere als gut an, dass sich in ihren Reihen plötzlich zahlreiche alte Systempolitiker finden, gegen deren Klientelismus und Raffgier Imran Khan ja ursprünglich zu Felde gezogen war.

 

Am Ende könnte also auch eine ganz andere, dritte Erzählung stehen: Die eines faustischen Pakts eines talentierten Oppositionspolitikers, der in seinem Machtstreben seine Überzeugungen gegen die Unterstützung finsterer Mächte tauschte. Und so seinen Niedergang einleitete. Denn dass die Militärs ihren neuen Intimus Khan in Frieden lassen, sollte er die Regierungsgeschicke in Islamabad leiten, daran glaubt kaum jemand.

Von: 
Leo Wigger

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