Der erste Friedensschluss im Nahostkonflikt wäre fast gescheitert. Eljakim Rubinstein war als junger Diplomat Mitglied der israelischen Delegation. 40 Jahre später ist der spätere Bundesrichter noch immer beeindruckt vom Verhandlungsgeschick.
zenith: Vor 40 Jahren einigten sich Israel und Ägypten auf ein Abkommen. Heute ist daraus ein bloßer kalter Frieden geworden. War der Deal trotzdem ein Erfolg?
Eljakim Rubinstein: Ja, definitiv. Aus einem einfachen Grund. Zwischen 1948 und 1977 hatte es fünf Kriege gegeben zwischen Israel, Ägypten und anderen arabischen Staaten: 1948, 1956, 1967, den Abnutzungskrieg 1968 bis 1970 und 1973. Die Ankündigung von Präsident Sadat und Premierminister Begin – »Kein weiterer Krieg« – hat sich bewahrheitet.
Aber daraus wurde ein Frieden zwischen den Staaten, nicht zwischen den Völkern. Haben Sie das damals vorausgesehen?
Nein, wir haben auf Normalisierung gehofft. Später war ich an den sogenannten Normalisierungsabkommen beteiligt. Es gab etwa 50 Memoranda. Wir hofften, dass sie in verschiedenen Bereichen wie Kultur, Verkehr und Handel umgesetzt werden. Aber das passierte nur sehr halbherzig.
Woran lag das?
Weil Ägypten die Beziehungen auf ein Minimum reduzieren wollte – aus politischen Gründen.
Welche Konstellationen haben Camp David überhaupt möglich gemacht?
Sadat hatte mit dem Jom-Kippur-Krieg 1973 versucht, den Sinai zurückzuerobern. Er hatte das Überraschungsmoment auf seiner Seite und uns Verluste beigebracht. Aber am Ende standen wir 101 Kilometer vor Kairo. Da hat er eingesehen, dass es mit einem Krieg nichts wird. Mosche Dayan hat dann bemerkt, dass Sadat die Städte am Suezkanal aufbaute und dort viel investierte. Daraus schloss er: Sadat wusste, dass er den Sinai nur durch Frieden zurückbekommt. Dann kam sein Besuch in Jerusalem im November 1977, der der arabischen Welt natürlich überhaupt nicht gefiel. Die haben ja allerorts ägyptische Botschafter rausgeworfen.
Und wie sah das auf der israelischen Seite aus?
Nach dem Jom-Kippur-Krieg und den vielen Verlusten war die Zeit einfach reif. Als Sie von der Einladung nach Camp David, zu so einem außergewöhnlichen Gipfel, hörten, was dachten Sie? Wir dachten, wenn wir vier Tage lang bleiben und das hinter uns bringen, ohne für ein Scheitern verantwortlich gemacht zu werden, und wenn der Prozess dann weitergeht, dann würde das genügen. Wir haben nicht geglaubt, dass es 13 Tage lang dauern und wir am Ende ein Abkommen erreichen würden.
Gab es einen bestimmten Moment, an dem Sie feststellten, dass es doch klappen könnte?
Ja, am allerletzten Tag. Es hatte Höhen und Tiefen gegeben. In zwei wesentlichen Bereichen, dem Frieden mit Ägypten und der palästinensischen Autonomie. Ein palästinensischer Staat war für Israel zu diesem Zeitpunkt unvorstellbar, manche von uns dachten aber, dass die Autonomie, auf die wir uns einigten, eines Tages ein Schritt auf dem Weg zu einem Palästinenserstaat sein könnte.
Das Abkommen sah eine schrittweise Autonomie der Palästinenser vor. Wie wichtig war dieser Teil?
Wir müssen hier unterscheiden: Das war den Ägyptern wichtig, aber der Sinai hatte für sie Priorität. Für US-Präsident Jimmy Carter war es genau andersrum, beim Thema Palästinenser war er fast messianisch. Aber er wusste, dass es ohne einen Deal zwischen den beiden Staaten nicht vorangeht, also hat er an beiden Themen gearbeitet.
Wie wichtig war den beiden Staaten der Deal?
Das war für Israel die Hauptsache. Wir hatten diese fünf Kriege erlebt mit Tausenden Toten. Nun gab es da diese Gelegenheit. Deshalb war Begin mit dem Deal einverstanden, gesetzt den Fall, dass die Knesset dafür stimmt. Für Ägypten ging es vor allem um den Sinai. Für die Vereinigten Staaten waren die Palästinenser wichtig. Aber alle diese Themen waren miteinander verwoben.
Gab es einen Punkt, an dem alles auf dem Spiel stand?
Am letzten Sonntag, am Morgen des letzten Tages, dachten wir, dass wir es geschafft hatten. Dann fingen die Amerikaner plötzlich an mit Jerusalem. Es hieß dann, wir sollen packen und nach Hause fahren. Ich weiß nicht, ob das ein taktisches Manöver von Begin war, aber Jerusalem war für ihn tatsächlich entscheidend. Vor dem positiven Ende gab es also diese Krise.