Der Nahostkonflikt muss nicht stabilisiert, sondern gelöst werden. Eine internationale Truppe braucht deswegen ein Mandat, das Sicherheit für alle gewährleistet – und damit die Grundvoraussetzung für Frieden für Israel und Palästina schafft.
Die von US-Präsident Donald Trump verhängte Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas kann weder Israels Zerstörungen im Gazastreifen noch den umfassenderen israelisch-palästinensischen Konflikt beheben, da sie die tieferliegenden Ursachen nicht angeht und keinen Weg in eine tragfähige Zukunft aufzeigt. Die Lage in den Palästinensischen Gebieten erfordert jedoch dringend den Einsatz internationaler Streitkräfte, der unter den richtigen Bedingungen eine ideale Gelegenheit bieten könnte, eine erfolgreiche Friedensmission zu etablieren. Notwendig sind, wie im Palästinensischen Waffenstillstandsplan dargelegt, ein legitimer politischer Rahmen und ein klarer Zeithorizont für die Friedensmission, ein geografischer Geltungsbereich, die gesamten Palästinensischen Gebiete umfasst sowie ein tatsächliches Mandat.
Die sogenannte Waffenruhe, während der weiterhin Hunderte von Palästinensern getötet werden oder an vermeidbaren Krankheiten und Hunger sterben, ist keine Vereinbarung zwischen den Konfliktparteien, also Israelis und Palästinensern. Auch die vorgeschlagene Resolution des UN-Sicherheitsrats, die den Einsatz einer internationalen Stabilisierungstruppe in einem Teil des Gazastreifens (der selbst Teil der Palästinensischen Gebiete ist) fordert, wird – unabhängig von ihrem genauen Wortlaut – scheitern, sofern nicht bestimmte wesentliche Voraussetzungen erfüllt sind. Insofern stellen beide Ansätze eine Fortsetzung früherer, gescheiterter Versuche dar.
Die beiden bisherigen Erfahrungen mit internationalen Streitkräften in den Palästinensischen Gebieten waren von begrenztem Umfang und Erfolg geprägt. Die UN-Notstandstruppe, die nach dem Angriff Israels (an der Seite von Großbritannien und Frankreich) auf Ägypten im Jahr 1957 eingerichtet wurde, hatte das begrenzte Ziel, den geordneten Abzug der israelischen Truppen aus Gaza zu gewährleisten. Die »Temporäre Internationale Präsenz in Hebron« (TIPH) wurde 1994 durch ein bilaterales Abkommen zwischen Israel und der PLO im Anschluss an eine Resolution des UN-Sicherheitsrats eingerichtet, die eben das im Rahmen des Oslo-I-Abkommens forderte. Dieses Abkommen beschränkte sich auf ein Monitoring der Menschenrechtslage und Verstöße gegen das Völkerrecht in Hebron. Obwohl die Beobachter einige der schlimmsten israelischen Aktionen verhindern konnten, waren sie machtlos im Angesicht der täglich zunehmenden Gewalt, die israelische Streitkräfte und Siedler gegen die palästinensische Bevölkerung Hebrons verübten. Schließlich weigerte sich Premierminister Benyamin Netanyahu im Jahr 2019, das Mandat der TIPH zu verlängern.
Um ein erneutes Scheitern zu vermeiden, das den Status quo der illegalen Besetzung Palästinas ohne Rechenschaftspflicht Israels, inklusive für die Gräueltaten im Gazastreifen, weiter verfestigen würde, ist eine von den Vereinten Nationen mandatierte internationale Friedenstruppe unerlässlich für den Frieden zwischen Israelis und Palästinensern. Sie muss jedoch als Teil einer umfassenden Struktur eingesetzt werden, die auf Rechten und Rechenschaftspflicht beruht.
Ein nachhaltiges Abkommen zur Unterbrechung oder Beendigung des Konflikts muss daher beide Konfliktparteien – Palästinenser und Israelis – einbeziehen und das gesamte Gebiet und die gesamte Bevölkerung umfassen, nicht nur den Gazastreifen oder einen Teil davon. Der im Juni 2025 veröffentlichte palästinensische Waffenstillstandsplan beschreibt den Weg dorthin über ein umfassendes Waffenstillstandsabkommen zwischen einer inklusiven Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) als wichtigstem Regierungsorgan des Staates Palästina und anerkannter Vertretung des gesamten palästinensischen Volkes einerseits und Israel andererseits. Dadurch wird ein politischer Rahmen für einen tragfähigen Übergang und eine funktionsfähige und effektive internationale Friedenstruppe geschaffen.
Nur der Staat Palästina, vertreten durch die PLO als sein Hauptorgan, kann rechtlich der Stationierung internationaler Streitkräfte auf seinem Territorium zustimmen und darüber entscheiden
Zweitens ist es wichtig, den Status der besetzten Palästinensischen Gebiete unter israelischer Besetzung gemäß internationalem Recht zu verdeutlichen, wie es zuletzt der Internationale Gerichtshof in seinen Gutachten vom Juni 2024 und vom 22. Oktober 2025 tat. Die zunehmende internationale Anerkennung des Staates Palästina als Souverän bedeutet, dass nur der Staat Palästina, vertreten durch die PLO als sein Hauptorgan, rechtlich der Stationierung internationaler Streitkräfte auf seinem Territorium zustimmen und darüber entscheiden kann. Ebenso ist es allen anderen Staaten untersagt, die fortgesetzte illegale Besetzung zu unterstützen, zu fördern oder zu begünstigen – auch durch die Entsendung internationaler Streitkräfte außerhalb des Kontextes des palästinensischen Staates oder mit dessen Zustimmung.
Zwar wird in der Praxis auch die Zustimmung Israels erforderlich sein, dies ist jedoch keine rechtliche Voraussetzung. Angesichts der Tatsache, dass Israel sich mit den Folgen und Auswirkungen seines Handelns auseinandersetzen muss, mehren sich die Argumente dafür, die israelische Zustimmung gänzlich zu umgehen. Denn welche Regierung, die sich eines Völkermords schuldig gemacht hat, wird ein Mitspracherecht darüber eingeräumt, ob und von wem die Bevölkerung, gegen die sie Krieg geführt hat, geschützt werden soll?
Drittens müssen die Streitkräfte, sofern die PLO nichts anderes vereinbart, unter einem UN-Mandat stehen. Die Entsendung von UN-mandatierten Friedenstruppen in die besetzten palästinensischen Gebiete wurde in mehreren UN-Resolutionen gefordert und ist ein regelmäßiges Anliegen der PLO im Namen Palästinas. Diesen Appell bekräftigt auch das Kommuniqué des »Außerordentlichen Arabischen Gipfels« vom 4. März 2025, unter Bezugnahme auf die Bahrain-Erklärung vom Mai 2024, die die Grundlage für die Normalisierung der Beziehungen zu Israel bildete.
Die PLO sollte erneut formell die Entsendung von UN-Truppen zum Schutz der Zivilbevölkerung in den gesamten von Israel besetzten Palästinensischen Gebieten beantragen, um die Integrität des Staates zu gewährleisten und die Sicherheit Israels zu schützen. Ohne eine solche Präsenz werden die Angriffe des israelischen Militärs und der Siedler auf palästinensische Zivilisten, die Zerstörung palästinensischer Häuser und Infrastruktur sowie die ethnische Säuberung von Gemeinden im Gazastreifen und im Westjordanland ungehindert weitergehen.
Die fortgesetzten und wiederholten Verstöße Israels gegen die Oslo-Abkommen bedeuten, dass die frühere Unterteilung in die Gebiete A, B und C sowohl rechtlich als auch für den Einsatz von Friedenstruppen irrelevant ist
Ein Resolutionsentwurf des UN-Sicherheitsrats, der diese Fragen umgeht und versucht, eine »Internationale Stabilisierungstruppe« ohne Bezugnahme auf den geltenden internationalen Rechtsrahmen oder ohne Achtung der palästinensischen Souveränität einzuführen, werden die Palästinenser sowie viele Länder, deren Beteiligung zur Bereitstellung von Truppen und Finanzmitteln für die Operation notwendig ist, ablehnen. Tatsächlich wäre der Einsatz dieser unkoordinierten Truppe kontraproduktiv, da er den palästinensischen Widerstand anfachen und die Unterstützung für die Hamas fördern würde, was potenziell zu Spannungen und weiteren Opfern auf beiden Seiten führen könnte. Ziel der internationalen Friedenstruppe muss es sein, den Waffenstillstand aufrechtzuerhalten und Sicherheit zu gewährleisten, um den Übergang zur palästinensischen Selbstbestimmung und damit ein Ende des Konflikts zu ermöglichen.
Die beispiellose israelische Gewalt im Westjordanland (einschließlich Ostjerusalems), die durch das ungeheure Ausmaß des Völkermords an den Palästinensern im Gazastreifen in den letzten zwei Jahren in den Hintergrund gerückt ist, verschärft sich täglich, ebenso wie die faktische (und möglicherweise auch rechtlich fixierte) Annexion des Gebiets. Da die befristete und begrenzte Waffenruhe im Gazastreifen kaum noch hält, ist es sehr wahrscheinlich, dass Extremisten in Israel (sowohl innerhalb als auch außerhalb der Regierung) durch ihren vermeintlichen Erfolg geradezu dafür belohnt werden, 90 Prozent der Häuser, der Infrastruktur und der landwirtschaftlichen Nutzfläche im Gazastreifen sowie einen Großteil der Bevölkerung ohne ernsthafte Konsequenzen ausgelöscht zu haben.
Ebenso wird die fehlende Rechenschaftspflicht für israelische Kriegsverbrechen zum Zusammenbruch der ohnehin schon brüchigen Sicherheitsarchitektur im Westjordanland führen. Die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), deren Sicherheitskräfte außerordentlich effektiv gegen abweichende Meinungen vorgegangen sind und Israel und die israelische Bevölkerung geschützt haben, wird von Israel gezielt untergraben und steht am Rande des politischen und finanziellen Kollapses. Angesichts dieses politischen Vakuums, der täglichen, Gewalt, der wachsenden Wut über die fehlende Rechenschaftspflicht Israels und des Fehlens einer politischen Perspektive wird der palästinensische Widerstand im Westjordanland zwangsläufig zunehmen und eine unkontrollierbare Spirale der Gewalt anheizen. Das kommende Jahrzehnt wird für Palästinenser und Israelis gleichermaßen unsicher sein.
Um dies zu verhindern, ist es unerlässlich, dass die Friedenstruppen nicht nur im Gazastreifen – oder in einem Teil davon – eingesetzt werden, sondern im gesamten Palästinensischen Gebiet unter israelischer Besatzung. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Oslo-Abkommen nichtig ist. Die fortgesetzten und wiederholten Verstöße Israels gegen das Vertragswerk, sowohl im Gazastreifen in den letzten zwei Jahren als auch im gesamten Westjordanland, bedeuten, dass die frühere Unterteilung in die Gebiete A, B und C sowohl rechtlich als auch für den Einsatz von Friedenstruppen irrelevant ist.
Ein Mandat, das lediglich Verstöße überwacht, ohne Durchsetzungs- und Schutzmaßnahmen zu ermöglichen, kann keinen Übergang zu einem dauerhaften Frieden unterstützen
Idealerweise sollten diese Friedenstruppen alle israelischen Streitkräfte in diesen Gebieten ersetzen und mit den israelischen und palästinensischen Sicherheitskräften an den Grenzen zusammenarbeiten. In der Praxis werden Wege gefunden werden müssen, mit Siedlern und Siedlungen in den besetzten Gebieten umzugehen, was wahrscheinlich gemeinsame Patrouillen erfordern wird. Es ist jedoch entscheidend, dass diese während der Übergangszeit beiden Seiten Sicherheit bieten – den Siedlern, aber auch den Dorfbewohnern, die versuchen, ihre Oliven zu ernten und ihre Herden zu schützen.
Letztendlich ist die Gewährleistung der Sicherheit für Palästinenser in den besetzten Gebieten unerlässlich für die Entwicklung und Reform palästinensischer Institutionen. Es ist schlichtweg unrealistisch, Wahlen zu planen, solange diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Der politische Kontext – ein sicherer Staat Palästina – wird zudem den politischen Rahmen für Wahlkämpfe bieten und den Bürgern eine neue Perspektive jenseits des Konflikts eröffnen.
Ein Mandat, das lediglich Verstöße überwacht, ohne Durchsetzungs- und Schutzmaßnahmen zu ermöglichen, kann keinen Übergang zu einem dauerhaften Frieden unterstützen – es ist schlichtweg ungeeignet für diesen Zweck. Daher muss eine internationale Truppe vor Ort stationiert werden, um palästinensische Dorfbewohner vor Siedlern zu schützen, genauso wie sie vor Ort ist, um Israelis zu schützen. Die Friedenstruppe sollte zudem die Ausübung der palästinensischen Souveränität stärken, indem sie die Strafverfolgungsbehörden der PA und die innere Sicherheit in und um die besetzten Gebiete unterstützt, bis die Streitkräfte wieder aufgestellt sind und die Kontrolle übernehmen können.
Politisch ist es unerlässlich, dass die Friedenstruppen als Akteure wahrgenommen werden, die diesem Ziel verpflichtet sind. Während für Israelis durch deren Präsenz Sicherheit gewährleistet wird und das Bedrohungsgefühl hoffentlich mit der Zeit nachlässt, ist für Palästinenser Sicherheit untrennbar mit der Freiheit von Besatzung verbunden. Daher müssen die Friedenstruppen als Wegbereiter des Übergangs zu einem freien Palästina und als Garant der Souveränität eines freien Palästina wahrgenommen werden.
Arabische und muslimische Staaten haben seit Langem ihre Bereitschaft erklärt, sich auf dieser Grundlage aktiv für den Frieden in der Region einzusetzen, einschließlich der vollständigen regionalen Integration Israels
Die Bemühungen um eine Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts müssen sich vor Ort manifestieren, nicht nur in der rechtlichen und politischen Anerkennung des Staates Palästina oder in Erklärungen zur Notwendigkeit, die palästinensische Selbstbestimmung zu unterstützen und Israel zur Rechenschaft zu ziehen. Arabische und muslimische Staaten haben seit Langem ihre Bereitschaft erklärt, sich auf dieser Grundlage aktiv für den Frieden in der Region einzusetzen, einschließlich der vollständigen regionalen Integration Israels. Sie können und werden Truppen stellen und den Wiederaufbau unterstützen, jedoch nicht unter israelischer Flagge und nicht ohne einen palästinensischen Staat. Regionale Stabilität liegt im Interesse sowohl der unmittelbaren Region als auch darüber hinaus, und die EU ist sich der Bedeutung des Friedens, auch auf innenpolitischer Ebene in vielen Ländern Europas, sehr wohl bewusst. Kein Staat wird Teil einer Streitmacht sein wollen, die letztendlich in einen Konflikt mit den Palästinensern gerät und ihnen ihre Grundrechte verweigert.
Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die internationalen Friedenstruppen angemessen ausgebildet sind und über geeignete Kommando- und Rechtsstrukturen verfügen. Private Sicherheitsfirmen – bestenfalls unerfahren und unreguliert – können und dürfen die Blauhelme nicht ersetzen. Die Tausenden von Zivilisten, die durch das Fiasko der sogenannten Gaza Humanitarian Foundation (GHF) getötet wurden, sollten Grund genug sein, sicherzustellen, dass diese Art von Privatunternehmen nie wieder mandatiert wird.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine von den Vereinten Nationen mandatierte Friedensmission ist unerlässlich und wird funktionieren, solange sie auf Ersuchen der PLO erfolgt und das klare Ziel verfolgt, die Beendigung der Besatzung zu unterstützen. Ausländische Streitkräfte, die nur in einem kleinen Teil der besetzten palästinensischen Gebiete präsent sind und deren Hauptziel die Gewährleistung der israelischen Sicherheit ist, während Israel weiterhin illegal Palästina besetzt hält, sind zum Scheitern verurteilt – insbesondere, wenn Israel in den anderen Teilen Palästinas weiterhin tötet, verstümmelt, zerstört und plündert. Dies steht zudem in direktem Widerspruch zum Völkerrecht, wie es im Gutachten des Internationalen Gerichtshofs vom Juli 2024 dargelegt ist, und käme einer Verletzung der Pflichten der Mitgliedstaaten gleich.
Während der UN-Sicherheitsrat über den Wortlaut einer Resolution zur Autorisierung einer internationalen Stabilisierungstruppe gemäß Donald Trumps Plan debattiert, sollte man sich daran erinnern, dass »Stabilisierung«, beziehungsweise das Managen statt Lösen des Konflikts, israelische Regierungspolitik war, die zum 7. Oktober und dem darauffolgenden Völkermord führte. Die Lage in Palästina und Israel muss nicht »stabilisiert« – sie muss gelöst werden.
Jamal Nusseibeh ist Rechtsanwalt und derzeit CEO einer Investment-Firma in Greenwich, Connecticut. Er studierte Recht und Politikwissenschaft an den Universitäten Sciences-Po (IEP, Paris), Columbia (New York) und City University, London. Er gehört zu den Initiatoren und Autoren des Palästinensischen Waffenstillstandsplans.




