Wer den Krieg in Sudan beenden will, muss auf die Unterstützer der Kriegsparteien einwirken – allen voran die VAE. Welche Rolle können Sanktionen dabei spielen?
Wer den Krieg und die humanitäre Krise im Sudan beenden will, muss auf die Finanzierungsquellen der Kriegsparteien einwirken. Besonders in den Fokus rücken dabei die VAE, die die »Rapid Support Forces« (RSF) von Muhammad »Hemedti« Dagalo finanziell, logistisch und nach Angaben eines UN-Expertengremiums und laut Amnesty International mit hochentwickelten Waffen unterstützen. Inwiefern eignen sich Sanktionen dafür, Druck auf die VAE aufzubauen?
Gezielte Sanktionen gegen Personen, Organisationen oder ganze Sektoren dienen in der internationalen Politik dazu, Verstöße gegen das Völkerrecht zu ahnden. Wenn ein Akteur geltendes Völkerrecht bricht, können Sanktionsdrohungen und konkrete Maßnahmen ein entscheidender Hebel sein. Sie gelten als Mittelweg zwischen Diplomatie und militärischem Eingreifen.
Um eine Sanktion zu erlassen, muss ein Rechtsbruch vorliegen. Im Fall der VAE könnten Maßnahmen auf konkrete Verstöße wie Waffenhandel oder die Finanzierung von Terrorismus gestützt werden. Ähnlich wie die EU Iran sanktioniert, weil das Land unbemannte Luftfahrtzeuge an Russland lieferte, die dort im Ukraine-Krieg eingesetzt wurden, könnten nachweisbare Waffenlieferungen der VAE an die RSF eine rechtliche Grundlage für Sanktionen bieten.
Mit gezielten Sanktionen ließe sich zugleich ein deutliches Signal für Rechenschaftspflicht setzen
Darüber hinaus kommen auch sektorale Sanktionen infrage, die nicht einzelne Personen oder Organisationen betreffen, sondern ganze Wirtschaftsbereiche. Im Fall der VAE könnte dies beispielsweise der Goldhandel sein, über den ein erheblicher Teil der finanziellen Mittel in den Sudan fließt. Laut Berechnungen der Hilfsorganisation Swissaid auf Basis von UN-Daten importierten die VAE im Jahr 2024 rund 29 Tonnen Gold direkt aus dem Sudan.
Gezielte Maßnahmen würden die wirtschaftlichen Grundlagen der Konfliktparteien treffen, ohne die sudanesische oder die emiratische Bevölkerung pauschal zu belasten, und könnten so als wirksames Druckmittel dienen, um Einfluss auf die Unterstützer der RSF auszuüben. Mit gezielten Sanktionen ließe sich zugleich ein deutliches Signal für Rechenschaftspflicht setzen. Das ist von besonderer Bedeutung, da sich seit Beginn des Konflikts eine Kultur der Straflosigkeit in Bezug auf Massaker, Vergewaltigungen und gezielte Bombardierungen etabliert hat. In Kombination mit einer übergeordneten Strategie der sanktionierenden Staaten könnten verschiedene Maßnahmen dazu beitragen, die Situation vor Ort tatsächlich zu beeinflussen, denn Sanktionen allein reichen als Strategie nicht aus. Derzeit ist derzeit aber nicht absehbar, dass die EU, die UN, die USA oder andere nicht-westliche Akteure konkrete Sanktionen gegen die VAE verhängen werden.
Trotz umfassender Hinweise auf die Verstrickungen mangelt es für die potentiell Sanktionen verhängenden Staaten offenbar noch an belastbaren Belegen für konkrete Verantwortlichkeiten, um rechtliche Schritte in Richtung Sanktionen zu erwägen. Zudem bilden die Emirate zusammen mit den USA, Ägypten und Saudi-Arabien die sogenannte QUAD-Initiative und sitzen damit an einem Tisch mit der Trump-Regierung, um den Frieden in Sudan zu verhandeln. Von Seiten der UN sind wohl ebenfalls keine Sanktionen zu erwarten, da sowohl die USA als auch China einer Maßnahme gegen die VAE nicht zustimmen würden – nicht zuletzt aus Rücksicht auf die guten Wirtschaftsbeziehungen der USA, China und auch der EU-Staaten mit dem Golfstaat.
Der Krieg rückt stärker ins öffentliche Bewusstsein, Menschenrechtsorganisationen liefern neue Belege für die Verstrickungen der VAE und für Verbrechen im Sudan
Die Sanktionen der EU konzentrieren sich bislang auf die direkten Konfliktparteien im Sudan und umfassen zehn Personen und acht Organisationen. Extraterritoriale Maßnahmen, also Sanktionen, die auch Dritte betreffen, die Geschäfte mit den Konfliktakteuren tätigen, kann die EU nicht verhängen.
Gleichzeitig wächst der Handlungsdruck: Der Krieg rückt stärker ins öffentliche Bewusstsein, Menschenrechtsorganisationen liefern neue Belege für die Verstrickungen der VAE und für Verbrechen im Sudan. Die Anklagebehörde des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag ergreift Maßnahmen, um Beweise für mögliche künftige Anklagen wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Al-Faschir zu sichern. Außerdem sieht eine UN-Resolution die Entsendung einer Erkundungsmission vor, die die Gräueltaten vor Ort untersuchen soll.
Im Juli blockierte der US-Senator Gregory Meeks in seiner Rolle als Oppositionsführer der Demokraten im Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten amerikanische Waffenexporte in die VAE aufgrund der Verstrickungen im Sudan. Auch die Rolle der Schweiz im Zusammenhang mit den Goldgeschäften sowie die Beteiligung des »Afrika-Korps« des russischen Verteidigungsministeriums bei den Waffenlieferungen in der Sahel-Zone müssten in der öffentlichen Debatte um die Finanzierung der RSF und mögliche Konsequenzen berücksichtigt werden.
Trotz des steigenden Drucks gelang es den VAE noch im Mai 2025, eine Klage vor dem Internationalen Gerichtshof durch einen formalen Einspruch abzuwehren. Das Gericht sei für den betreffenden Vorwurf über die Diskussion eines Genozids nicht zuständig, hieß es damals. Strategisch verfolgen die VAE auch weiterhin das Ziel, dass die RSF die Region kontrollieren, um den Zugang zu wichtigen Häfen, Routen und Ressourcen zu sichern. Sanktionen könnten die Lage tatsächlich beeinflussen, doch dafür müssten die potenziell sanktionierenden Staaten bereit sein, den VAE tatsächlich ernsthaft Druck zu machen und eigene Interessen hintanzustellen.
Lisa Neal ist freie Journalistin und promoviert an der Universität Hamburg zu internationalen Sanktionen. Im Mittelpunkt ihrer Forschung stehen genderspezifische Sanktionsfolgen am Beispiel Iran.




