US-Amerikaner Kevin Sheppard nimmt einen Job in der iranischen Basketball-Liga an – und lernt dabei Land und Leute zu schätzen. Die spannend erzählte Doku »Der Iran Job« funktioniert so gut, weil sie erfrischend unpolitisch Brücken baut.
Der deutsche, in den USA lebende Regisseur Till Schauder kam zufällig auf den Stoff und hatte sofort die Idee der »Ping-Pong-Diplomatie« zwischen USA und China zu Beginn der 1970er Jahre im Kopf, bei denen ein amerikanischer und chinesischer Tischtennis-Spieler aufeinander trafen und damit nach Jahren der politischen Eiszeit eine Brücke der Verständigung zwischen den beiden Ländern bauten. Ob diese Dokumentation so viel Einfluss haben soll, bleibt fraglich, doch veranschaulicht der Film, wie einfach Verständigung abseits der Politik sein kann. Kevin Sheppard sagt an einer Stelle: »Es ist faszinierend, ich spreche kein Wort Farsi, Abdollah (sein Hausverwalter) spricht kein Wort Englisch und trotzdem verstehen wir uns. Ich weiß nur nicht wie.«
»Der Iran Job« ist dabei keine typische Dokumentation und wird deswegen wohl nun auch als künftiger Oscar-Kandidat gehandelt. Till Schauder kommt eigentlich aus dem Spielfilmgenre und ließ von Anfang der Planung seine dramaturgischen Fähigkeiten in die Produktion einfließen. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der Film verdichtet sich zwischen dem Kampf seines Verein A.S. Schiraz, die Play-Offs zu erreichen, den zunehmenden Spannungen mit den USA und mündet in den Protesten nach den Wahlen 2009.
Und gerade weil der Film zunächst nicht politisch ist, blickt er viel tiefer in die iranische Gesellschaft als viele andere Versuche und legt im Hintergrund die großen Vorurteile und Ängste der »Westler« offen. Kevin, der eben auch diesen typischen »Westler« repräsentiert, witzelt zu Beginn des Films »ob die noch auf Kamelen reiten?« Die Reaktionen seines Umfeldes sind ebenso bezeichnend. Seine Freundin fürchtet um sein Leben und er selbst sagt auf dem Hinflug, dass er sich auf den Moment freut, wenn er wieder zurückfliegt. Doch die Fakten und seine Neugier überzeugen ihn, den Job anzunehmen, der später sein Leben verändern wird. Irans Basketball-Liga gehört zu den besten Asiens, »wegen der Angst« bekommt er doppeltes Gehalt, doch vor allem treibt ihm sein Gefühl, dass er »vom Bekannten ins Unbekannte« müsse.
Die Frauen sind die heimlichen Protagonisten des Films
Bei seinem Verein angekommen, lernt er seine Physiotherapeutin Hilda und ihre beiden Freundinnen Elahe und Laleh kennen. Till Schauder sagte in einem Interview, dass die Frauen die heimlichen Protagonisten des Films seien und sie sind es auch, die Kevin und dem Zuschauer als selbstbewusste Frauen ihren Iran und ihre Probleme zeigen. Es ist genau ihr reflektierter und differenzierender Blick, der den Film mit um den Basketballer Kevin so wertvoll macht. Wie im Vorbeigehen fügt sich im Film mitten aus dem Leben heraus eine Botschaft zusammen, die bewusst macht, dass Irans Gesellschaft seine Zukunft in die eigene Hände nehmen wird und ein Krieg die schlechteste aller Optionen wäre.
Kevins Mitbewohner ist Zoran, ein serbischer Basketballspieler, der die Angriffe der Nato-Truppen während des Kosovo-Krieges 1999 erlebt hat. So steht er in dem Film für das, was Iran widerfahren könnte. Kevin begreift, dass im »Iran alles Politik ist«. Zunächst hatte er versucht, alles sauber zu trennen, doch bald versteht er, dass allein das Spielen in einem Basketball-Verein ein Symbol sein kann für Freiheit und Offenheit zu einzustehen und die Gesellschaft am Leben zu halten. »Als Afroamerikaner weiß ich, was es bedeutet, für seine Rechte zu kämpfen.
Und dass es sich lohnt.« Der Soundtrack des Films fügt sich hier passend ein. Obwohl Rap in Iran verboten ist, gibt es eine lebendige Szene und sowohl Regisseur Schauder als auch Kevin zeigen sich beeindruckt von der Energie und Qualität der Songs, die bei einigen Basketballspielern im Auto laufen und den Film kraftvoll untermalen. Darunter sind Songs der Rapper Jadugaran, Zedbazi und Shahin Najafi, der vor einiger Zeit durch die »Todes-Fatwa« wegen eines seiner Musikvideos für Schlagzeilen sorgte und mittlerweile in Deutschland Musik macht.
Insgesamt lohnt sich also der Kinobesuch für »Der Iran Job« als spannende und herzliche »Mehr-als-Basketball«-Dokumentation. Selbst Iraner sagten nach den ersten Screenings der Doku in den USA, dass der Film für sie aufregend war. Viele wussten nicht, dass Basketball im Iran mittlerweile so groß und beliebt geworden ist. Andere empfanden den Film als frischen und intensiven Blick auf die Zeit vor den Wahlen 2009, ohne dabei politisch zu sein.
Der Iran Job
Dokumentation von Till Schauder
USA / Iran, 2012
Verleiher: The Real Fiction, 91 Min (OmU)
Kinostart: 21. Februar 2013
www.theiranjob.com