Lesezeit: 9 Minuten
Irakischer Geschäftsmann Karim al-Helo im Interview

»Wenn er diesen Kampf gewinnt, ist er nicht mehr zu besiegen«

Interview

Schafft Nuri al-Maliki noch eine dritte Amtszeit im Irak? Karim al-Helo, irakischer Geschäftsmann und Chefredakteur der wöchentlichen Wirtschaftszeitung Al-Iqtisadiyah im irakischen Najaf, ist davon überzeugt.

zenith: Herr al-Helo, Ministerpräsident Nuri al-Maliki wird voraussichtlich im April wieder als Spitzenkandidat antreten und eine dritte Amtszeit absolvieren wollen. Er stand zuletzt schwer in der Kritik, auch seitens der Schiiten. Auf welche Wählerschaft kann seine Da’wa-Partei zählen?

Karim al-Helo: Ja, es gibt viel Kritik an Maliki. Die Menschen sind unzufrieden mit der Korruption, dem inzwischen alltäglichen Terror, schlechten öffentlichen Dienstleistungen. Dann kam der Ausbruch von Al-Qaida-Häftlingen aus einem Bagdader Gefängnis hinzu. Nicht zuletzt die Gehälter für Politiker ....

 

.... über die es im Herbst ja einen gewaltigen Streit gab, weil die Regierung ihre Pensionsansprüche drastisch erhöhen wollte.

Dennoch: Die klassische Wählerschaft der Da’wa von Maliki – die Staatsbeamten und –angestellten, Polizei, Armee, Verwaltung, die schon allein mindestens 3,5 Millionen ausmachen – aber auch Akademiker, Geschäftsleute und einige irakische Stämme sind auf seiner Seite.

 


Karim al-Helo

studierte Maschinenbau an der Fachhochschule Köln und lebt heute als Unternehmer im irakischen Najaf. Dort gründete er das wöchentliche Wirtschaftsblatt Al-Iqdisadiya.


 

Sind Sie sicher, dass Maliki wieder persönlich antritt? Oder wird er einem Nachfolger den Weg bereiten?

Ja, bestimmt will und wird zum dritten Mal als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten antreten. Die Da’wa-Mitglieder stehen alle hinter ihm. Weder Schiiten noch Sunniten haben einen ebenbürtigen Gegner, das heißt, er steht eigentlich allein im Wahlkampf. Immerhin regiert er seit sieben Jahren und hat vor allem im Jahr 2013 einiges für das Volk getan! Nun kämpft er gegen Al-Qaida in der Anbar-Provinz und die meisten Schiiten, aber auch arabische Sunniten und Kurden stehen hinter ihm. Vergangene Woche beim Freitagsgebet hat Ahmad al-Safi in Kerbela ...

 

... ein schiitischer Geistlicher, der als Sprachrohr des Maliki sehr kritisch gegenüberstehenden Großayatollahs Sistani gilt ...

... den Kampf der Regierung gegen Al-Qaida ganz ausdrücklich gutgeheißen.

 

»Viele Iraker glauben, dass er noch vier Jahre brauchen wird, um einen stabilen Staat aufzubauen«

 

Sie sagten eben, dass Maliki zuletzt viel für das Volk getan habe. Das sehen viele Iraker anders.

Wir haben alles im Irak: menschliche und natürliche Ressourcen. Aber wir haben auch viele Probleme: Terror, Korruption, Bürokratie, Mangel an Knowhow, was die Wirtschaftspolitik der Regierung geschwächt hat. Aber viele Leute glauben, dass Maliki noch vier Jahre brauchen wird, um einen stabilen starken Staat aufzubauen. Viele glauen, dass der Irak in den nächsten vier Jahren deutlich besser wird, da die irakische Regierung weiter massiv in den Wiederaufbau und die wirtschaftliche Diversifizierung des Landes investiert: In fünf Jahren sollen 357 Milliarden US-Dollar ausgegeben werden! Das sieht der zweite Nationale Entwicklungsplan (NDP) so vor.

 

Sie glauben also, dass Maliki und die Da’wa nach den Wahlen im April eine neue Regierung bilden werden?

Es gibt im Irak historisch nur drei große Parteien: die Kommunisten, die Da’wa und die Baath-Partei. Die meisten irakischen Parteien haben keinen inneren Zusammenhalt und keine wirkliche Struktur. Auch die sunnitischen Gruppen haben es nicht geschafft. Es gibt die Iraqiya, von der aber dann einfach 25 Personen zum Lager Malikis übergelaufen sind. Ich denke, Maliki wird gewinnen und besonders gut stehen die Chancen, wenn er diesen Kampf gegen Al-Qaida gewinnt.

 

Was hat er also persönlich von diesem Krieg?

Wenn er diesen Kampf gewinnt, steigt er in der Wählergunst. Dann ist er von keinem zu besiegen, denn es verleiht ihm Charisma, ein mutiges Image und sehr viel Prestige.

Von: 
Daniel Gerlach

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