Die arabische Welt ist träge – und wer mit Mädchennamen »Frangieh« heißt, setzt sich ins gemachte Nest? Hala Fadel tritt an, um solchen herkömmlichen Weisheiten zu widersprechen.
»Männer haben Angst vor Frauen, die klug und schön zugleich sind«, sagt Hala Fadel. Das hat man sicher schon einmal gehört – aber angesichts der aktuellen Sexismus-Debatte in Deutschland kann es nicht schaden, es noch einmal zu erwähnen. Schließlich lebt Fadel, 39, im Libanon, wo die Beschäftigungsquoten von Frauen in führenden Positionen zwar nicht mit denen Saudi-Arabiens zu vergleichen, aber ähnlich beschämend sind wie in der Bundesrepublik.
Rund ein Viertel der Frauen im Libanon sind berufstätig und machen damit um die 30 Prozent der Erwerbstätigen im Land aus. Sie haben nach Fadels Ansicht aber kaum familiäre Unterstützung für eine Karriere. »Ich habe einen Karriere-Coach. Wir treffen uns einmal die Woche und planen meinen Tagesablauf, sodass ich genügend Zeit für meine Kinder und für meine Projekte habe«, erklärt die dreifache Mutter im Gespräch mit zenith.
Sie ist sich bewusst, wie wichtig der familiäre Rückhalt für ihren eigenen Erfolg war: Ihr Mann Robert Fadel ist Abgeordneter im libanesischen Parlament und Direktor einer Stiftung zur Wirtschaftsförderung. Sie selbst stammt aus dem weitläufigen Großgrundbesitzer-Clan der Frangieh aus dem Norden des Libanon, allerdings nicht aus einem der wohlhabendsten Zweige. Dennoch, so mögen Kritiker, einwenden, habe sie leicht reden über die »Trägheit und Energiearmut der Menschen in der arabischen Welt«.
Aber sie unternimmt etwas dagegen: Bereits 2005, also mit 32 Jahren, gründete Fadel das »MIT Enterprise Forum of the Pan Arab Region« – einen Ableger der weltweit aktiven MIT-Foren, die Kapital und Technologie vernetzen wollen. »MIT« steht für »Massachusetts Institute of Technology«, die amerikanische Kaderschmiede, wo die Netzwerke und Ideenwettbewerbe der Foren entstanden. Im Gründungsjahr, so erinnert sich Fadel, bewarben sich 1.500 Teams mit Geschäftsideen für den Wettbewerb, mittlerweile sind es mehr als 5.200 aus 20 Ländern der Nahost-Region. Und der Anteil an weiblichen Team-Mitgliedern wachse rasant: »Wir sind inzwischen bei der Hälfte der Bewerber angekommen – das hätte man von der arabischen Welt gar nicht erwartet!«
Die üblichen Verdächtigen: Frauen und Palästinenser
Innovation, Skalierbarkeit und Bedeutung des Projekts für die Region – das sind die Hauptkriterien der Juroren. Ziel sei es, Netz- werke zu bilden, auf die junge Unternehmer ein Leben lang zurückgreifen können: »Die haben keinen Steve Jobs, zu dem sie auf- schauen können. Alles, was sie sehen, sind Machthaber, die nicht für ihre Position oder ihren Reichtum kämpfen mussten«, kritisiert Fadel. Sie selbst hat im Alter von 16 Jahren angefangen zu jobben und sich ihr Studium in Cambridge und Paris durch Arbeit und Stipendien finanziert.
Danach arbeitete Fadel zunächst als Analystin im Fusionsgeschäft bei der Investment-Bank Merill Lynch. Heute verdient sie ihr Geld als Fondsmanagerin und engagiert sich ehrenamtlich im Projekt »Social Challenge«, das ab September 2013 Konzepte zur Armutsbekämpfung in der arabischen Welt prämiert. Ihren Unternehmergeist entdeckte Fadel 1999 während ihres Master-Studiums an der Sloan School of Management des MIT: »Damals hat jeder seine eigene Firma aufgemacht – ich wollte da nicht hinten anstehen«, erzählt sie.
Sie bewarb sich bei einem Förderwettbewerb mit der Idee für eine Software zur Minimierung der Telekommunikationsausgaben von Banken, gewann und verkaufte schließlich nach zwei Jahren ihren ersten eigenen Betrieb. Ihr eigenes Forum in der arabischen Welt sieht sich mit vielen bürokratischen Hürden konfrontiert. Die Endrunde des Wettbewerbs findet jedes Jahr in einem an- deren Land der Region statt. »Wohl nicht mehr in Saudi-Arabien«, schimpft Fadel: Der Hälfte der Teilnehmer hätten die Saudis 2008 die Einreise zur Eröffnungszeremonie verweigert. Frauen und Palästinenser hätten es besonders schwer gehabt: »Die einen hielten sie für Prostituierte, die anderen für Terroristen.«