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Hybride Mediation und Konfliktprävention

Die Antwort auf hybride Konflikte

Essay
Twitter, Facebook und Zensur in Ägypten
Die Zeiten, in denen sich Ägypter auf Facebook und Twitter verlassen konnten, um sich frei zu äußern, sind längst vorbei. Essam Sharaf / Wikimedia Commons

Insbesondere im Nahen Osten nimmt eine hybride, multilaterale Ordnung Form an. Zeit für die internationale Diplomatie, neue inklusivere und ganzheitliche Instrumente zu finden. Für die Konflikte von heute und morgen.

Das internationale System, wie wir es kennen, ist im Wandel begriffen, und die raschen Veränderungen, die sich derzeit als Folge der Reaktion auf die Covid-19-Pandemie vollziehen, werden weitreichende Auswirkungen nicht nur auf die Art und Weise haben, wie internationale Beziehungen geführt werden, sondern auf jeden Aspekt unseres sozialen und wirtschaftlichen Lebens.

 

Nichtstaatliche Akteure werden traditionell als Anomalie oder Störung der bestehenden internationalen Ordnung betrachtet, und der Begriff wird meist verwendet, um terroristische Gruppen oder Milizen zu definieren, die als Bedrohung für die regionale Stabilität angesehen werden. Allerdings wächst der Einfluss mächtiger nichtstaatlicher Akteure bei der Gestaltung staatlicher Politik, ist aber ebenso mit dem klassischen zwischenstaatlichen Machtwettbewerb verflochten.

 

Der eigentliche »Game changer« ist, dass Staaten nicht mehr die einzigen Akteure sind und sich mit der zunehmenden Macht und dem Einfluss von transnationalen Konzernen, privaten Streitkräften und Milizen, transnationalen Terrororganisationen und dem schwindelerregenden Reichtum krimineller Gruppen und Drogenkartelle auseinandersetzen müssen.

 

Die Privatisierung von Überwachungstechnologien und militärischen Dienstleistungen ist wohl das deutlichste Symptom dafür, dass selbst Weltmächte sich auf diese privaten Unternehmen verlassen müssen, um Kriege zu führen. Das verändert die Natur der internationalen Beziehungen.

 

Angesichts dieser Herausforderungen werden effektive Mediations- und Konfliktlösungsmechanismen immer relevanter, da die Zahl der von Konflikten und Gewalt betroffenen Menschen steigt. Die Kombination aus Großmachtkonkurrenz, regionalen Hegemoniebestrebungen und der Verbreitung nichtstaatlicher Akteure führt zu ineinandergreifenden und vielschichtigen Konflikten, die den internationalen Frieden und die Stabilität beeinträchtigen.

 

Traditionelle Diplomatie und zwischenstaatliche Konferenzen erweisen sich als zunehmend ineffektiv, um die aktuellen Probleme der Konfliktlösung anzugehen

 

Die internationale multilaterale Ordnung wird von vielen Seiten in Frage gestellt, während die Welle globaler Proteste die Grenzen wirtschaftlicher und politischer Modelle sowie die Notwendigkeit eines neuen Gesellschaftsvertrags aufzeigt.

 

Traditionelle Diplomatie und zwischenstaatliche Konferenzen erweisen sich als zunehmend ineffektiv, um die aktuellen Probleme der Konfliktlösung anzugehen, und die Rolle der UN ist in den letzten Jahren untergraben worden. Der Fall Libyen ist ein gutes Beispiel dafür, wie intensive Vermittlungsbemühungen, die vom »Zentrum für humanitären Dialog« in Abstimmung mit den Vereinten Nationen durchgeführt wurden, zu bedeutenden Ergebnissen führten, die den Weg für die Bildung der Regierung der nationalen Einheit ebneten.

 

Neue Allianzen und ergebnisorientiertere Prozesse müssen geschaffen werden, um die Kluft zwischen internationalen Prinzipien und den Forderungen der Zivilgesellschaft sowie neuer internationaler Akteure zu überbrücken. Track-2-Dialoge und Vermittlungsinitiativen kommen immer häufiger zur Anwendung, indem Koalitionen von UN-Organisationen, internationalen Vermittlungsakteuren, der Europäischen Union und gleichgesinnten Staaten geschmiedet werden.

 

Die Neudefinition des konzeptuellen Rahmens und des Mediationsinstrumentariums, mit der sich die UN und die EU derzeit beschäftigen, ist besonders wichtig für die Gründung eines neuen multilateralen Systems.

 

Paradoxerweise besteht ein erschreckendes Ungleichgewicht zwischen der Zahl der Mediationsinitiativen im Nahen Osten und den kontextspezifischen Narrativen vor Ort. Der Aufbau lokaler Kapazitäten wurde weitgehend vernachlässigt und die kulturell verwurzelten Werkzeuge werden oft nicht beachtet.

 

Die neuen Formen der Kriegsführung rücken IT-Plattformen als Parteien in den Vordergrund regionaler Konflikte

 

Kulturelles Erbe, materiell und immateriell, sowie ökologische Friedensförderung, interkultureller und interreligiöser Dialog könnten in einem neuen Ansatz, der mehr empathische und emotionale Komponenten in den Friedensförderungsprozess einbezieht, effektive Einstiegspunkte in den Konfliktzyklus sein.

 

Polyarchie hat die strukturierten Machtverhältnisse der bipolaren Ordnung ersetzt, Staaten mit verminderter Souveränität und mächtige nichtstaatliche Akteure gehen neue Verbindungen ein, die kombiniert mit den Auswirkungen von künstlicher Intelligenz (KI) und neuen digitalen Werkzeugen, die Dynamik der internationalen Beziehungen ändern.

 

Die neusten Akteure sind Technologie- und Social-Media-Konzerne. Diese Firmen haben sich auf Überwachung spezialisiert – ob freiwillig oder unfreiwillig. Unternehmen wie Facebook, Google oder LinkedIn nutzen die freiwillige Überwachung – sie leben von den Daten, die ihnen die Nutzer freiwillig zur Verfügung stellen. Wie sich jedoch bei zahlreichen Gelegenheiten gezeigt hat, können diese Daten auch zur Manipulation von Nutzern verwendet werden, indem sie Informationen liefern, die verzerrt oder einfach falsch sind.

 

Die neuen Formen der Kriegsführung rücken IT-Plattformen als Parteien in den Vordergrund regionaler Konflikte. Am anderen Ende des Technologiespektrums stehen Firmen, die unfreiwillige Überwachung betreiben – sie nutzen Daten ohne das Wissen des Nutzers, egal ob es sich um öffentliche oder private Daten handelt, auf die legal oder illegal zugegriffen werden kann.

 

Als Reaktion auf den weithin anerkannten Einfluss von KI besteht die Notwendigkeit, das Bewusstsein für das zu schärfen, was man Tech-Diplomatie nennt

 

Allerdings kann jedes »Big Data«-System für prädiktive Analysen verwendet werden, um Verhalten zu erkennen, sofern die richtigen Daten eingegeben werden. Auch ohne Hacking kann das konsolidierte Bild aus korrelierten, öffentlich gehandelten Daten Einblicke geben, die die beteiligten Personen oft beunruhigen würden. Dieses Szenario wird durch den Ausbau von 5G-basierten sensorgespeisten Echtzeitströmen und Smart Cities, die mit riesigen Datenerfassungssystemen arbeiten, noch deutlich an Konturen gewinnen.

 

KI entwickelt sich zu einem Bereich mit potenziell großem Einfluss auf Politik, Gesellschaft und Wirtschaft. Ein Einfluss, der sich letztlich auch auf internationale und diplomatische Beziehungen erstreckt. Als Reaktion auf den weithin anerkannten Einfluss von KI besteht die Notwendigkeit, das Bewusstsein für das zu schärfen, was man Tech-Diplomatie nennt, insbesondere die Rolle von KI auf Mediation, Friedensstiftung und Konfliktlösung.

 

Es wird immer relevanter, potenzielle Synergien und kollaborative Ansätze zwischen den diplomatischen und technologischen Gemeinschaften zu erkunden. KI wird zunehmend in der Kriegsführung, bei nachrichtendienstlichen und Desinformationsoperationen eingesetzt, könnte aber auch zu einem mächtigen Instrument werden, um die Wirkung jener Kampagnen zu überwachen, die die sozialen Medien in das neue Schlachtfeld unserer Zeit verwandelt haben, um positive Botschaften zu kanalisieren, die zur Konfliktprävention und -lösung beitragen würden.

 

Die globale technologische Steuerung steckt noch in den Kinderschuhen, und die Fragen sind heute weitaus zahlreicher als die Antworten. KI stellt Herausforderungen an Demokratie, Cybersicherheit, Cyber-Diplomatie, Rüstung und Menschenrechte. Regierungen tendieren immer öfter dazu, Gesetze zur Begrenzung von KI-getriebenen Technologien auf den Weg zu bringen.

 

Dabei ist kaum abzusehen, ob sich die Veränderungen in der Konfliktdynamik so umkehren lassen. Im Bereich Sicherheit und Verteidigung kann KI-Technologie die Kosten von Konflikten verändern, das Einsatztempo beschleunigen und das Risiko einer Eskalation erhöhen, die wahrgenommenen Risiken von Überraschungsangriffen steigern, den Zugang zu Informationen unter den Kriegsparteien verbessern und die öffentliche Meinung über die Beteiligung an Konflikten verändern.

 

Autoritäre Staaten, in denen die Beschränkungen für die Datenerfassung laxer sind, werden mehr Zugang zu Big Data haben und in der Lage sein, KI in der Kriegsführung zu nutzen

 

Sie bringt auch neue Akteure in den Prozess des Krisenmanagements ein, die über die technische Expertise verfügen, die erforderlich ist, um KI-Methoden bei der Überwachung vor, während oder nach Konflikten anzuwenden. Zusätzlich werden autoritäre Staaten, in denen die Beschränkungen für die Datenerfassung laxer sind, mehr Zugang zu Big Data haben und in der Lage sein, KI in der Kriegsführung zu nutzen. Daher können neue Konflikte darüber entstehen, wer Kontrolle über und Zugang zu Online-Datensammlung hat.

 

Der Einsatz von KI-Technologien wirft weiterhin ethische und praktische Bedenken auf, aber ihr Einsatz in aktiven Konflikten und Friedensprozessen hat bereits begonnen. Wir wissen nur über einen Bruchteil der Akteure Bescheid, die diese Technologie nutzen, etwa die UN. Die »Field Technology«-Sektion der UN hat in Somalia ein Big-Data-Analyse-Projekt gestartet und die »Middle East Division« (MED) der UN arbeitet bereits mit einem auf maschinellem Lernen basierenden System zur Erkennung und Analyse der öffentlichen Meinung in der arabischen Welt.

 

Viele andere Akteure spielen dagegen nicht mit offenen Karten, wenn sie sich in dieser Schattenwelt bewegen. Abgesehen von ethischen Fragen stellt sich die Frage, ob KI-basierte Instrumente das Verständnis von Friedenspraktikern für Konflikte verbessern und einen Zugang zur breiten Bevölkerung ermöglichen können, der Mediatoren bislang fehlt.

 

Dennoch wird sich die Debatte auf die Tatsache konzentrieren, dass aktive Nutzer sozialer Medien möglicherweise nicht repräsentativ für die Gesamtbevölkerung sind. Das stellt die Validität von KI-bezogenen Ergebnissen und die verzerrenden Effekte, die ihr Einsatz mit sich bringen kann, in Frage.

 

Der Nahe Osten befindet sich seit 2011 in Folge von Aufständen, die die bestehenden politischen Strukturen in der arabischen Welt erschüttert haben, in Aufruhr. Die darauffolgende Serie von Ereignissen geht viel tiefer als ein Wechsel der politischen Eliten oder die Ablösung autoritärer Herrscher, sondern ist vielmehr eine systemische Krise, die die Grundlagen der regionalen Ordnung und die Legitimität der staatlichen Institutionen erschüttert hat.

 

Syrien, Libanon, Irak, Libyen oder Jemen können bereits als Testfälle dieses neo-mittelalterlichen Modells fragmentierter Autoritäten angesehen werden

 

Die Situation im Nahen Osten bietet ein besonders krasses Beispiel dafür, wie diese Krise einen Prozess der Fragmentierung der Autorität, des Zusammenbruchs der Institutionen, der Misswirtschaft, der grassierenden Korruption und des Versagens der Staatsführung beschleunigen kann. Syrien, Libanon, Irak, Libyen oder Jemen können bereits als Testfälle dieses neo-mittelalterlichen Modells fragmentierter Autoritäten und überlappender Loyalitäten angesehen werden, in denen nichtstaatliche Akteure bereits die Hauptentscheidungsträger sind.

 

Der Kontext, in dem nichtstaatliche Akteure agieren, ist durch den Zerfall des Gesellschaftsvertrages zwischen den Bürgern und dem Staat als Folge komplexer sozioökonomischer Veränderungen definiert. Das Versagen der Wirtschaftssysteme in den meisten arabischen Ländern, Arbeitsplätze und Dienstleistungen für die wachsende Bevölkerung anzubieten, schürt Unzufriedenheit, die die politische Dynamik verändert.

 

Der andere Faktor, der die Fähigkeit des Staates einschränkt, auf diese Herausforderungen zu reagieren, sind die verkrusteten politischen Systeme, die auf autoritären Modellen basieren. Der Einfluss der sozialen Medien bei der Konsolidierung der jüngsten Protestbewegungen in der Region hat die traditionellen Eliten der betroffenen Staaten überrascht und sie dazu bewegt, ausländische Einmischung und Destabilisierungsoperationen zu wittern.

 

Was wir erleben, ist eine Transformation des traditionellen Staates in einen »hybriden Staat«, in dem es kein Gewaltmonopol und keine Sicherheitsstrukturen gibt. Entscheidungen werden durch staatliche Institutionen kanalisiert, aber an anderer Stelle von Akteuren außerhalb des formalen Rechtssystems getroffen. Die staatlichen Institutionen bleiben bestehen, aber das Betriebssystem wurde modifiziert, um den Interessen jener einflussreichen Akteure entgegenzukommen, die es vorziehen, im Schatten zu bleiben.

 

Wenn man versucht, hybride Akteure in hybriden Staaten, wie etwa die Haschd Al-Schaabi im Irak, zu verstehen, hilft es kaum, in starren Kategorien von staatlich und nicht-staatlich, formell und informell sowie legal und illegal zu denken. Milizen, Terrorgruppen und kriminelle Organisationen gedeihen in den Grauzonen der Kriegsökonomie, die aus der Kombination von Sanktionen, bewaffneten Konflikten und staatlich kontrollierten Ökonomien resultieren, die den Nahen Osten seit Jahren plagen.

 

Kulturelles Erbe ist Teil des erweiterten Schlachtfelds der Konflikte unserer Zeit geworden

 

Kulturelles Erbe ist Teil des erweiterten Schlachtfelds der Konflikte unserer Zeit geworden, da mehrere Akteure darum kämpfen, die politischen Narrative und die Identitätslinien der zunehmend zerbrochenen Gesellschaften neu zu gestalten. Die brutalen Aktionen des IS gegen Minderheiten oder gegen das kulturelle Erbe waren weder zufällig noch irrational, sondern eine kalkulierte Strategie, um eine neue politische Identität zu formen.

 

Wenn wir das als Anomalie ignorieren und diese Aktionen nicht mit entschlossenen Anstrengungen und gut durchdachten Initiativen rückgängig machen, würden wir nicht nur die Erinnerung an unsere Vergangenheit verlieren, sondern auch die Inspiration für unsere Zukunft.

 

Die Prävention von gewaltsamen Konflikten ist von grundlegender Bedeutung für die Bewältigung der sicherheitspolitischen Herausforderungen, vor denen Europa und seine Nachbarschaft stehen, und gleichzeitig ein Wegbereiter für politischen und sozialen Fortschritt. Präventive Diplomatie dient dazu, das Entstehen von Konflikten zwischen Parteien zu verhindern und die Eskalation und Ausbreitung von Konflikten zu vermeiden.

 

Die Mediation von Prozessen und Dialog könnte ein Schlüsselweg zum Frieden sein, indem sie aufkommende Krisen und Konflikte in einem frühen Stadium anspricht, bevor sich Positionen verfestigt haben. Konfliktprävention ist einer der schwierigsten Aspekte der Mediation, weil sie ein gewisses Maß an Voraussicht und Antizipation erfordert.

 

Neue Systeme der Organisation von Staat und Gesellschaft und der Aufstieg neuer staatlicher, quasi-staatlicher und nichtstaatlicher Akteure gestalten die Zukunft der Region neu. Die Schaffung singulärer und nicht-pluralistischer Narrative spiegelt sich in der staatlichen Politik und den Eingriffen in die Gesellschaft wider und führt zu einer beispiellosen kulturellen Aneignung, Vernachlässigung und Transformation kultureller Stätten und immaterieller Kulturen in einer Weise, die die Zukunft unserer Gesellschaften prägen wird.

 

Der Beginn des »Krieges gegen den Terror« prägt weiterhin die Mentalität in den internationalen Beziehungen

 

Eine neue EU-Agenda, die auf der Konvergenz von Kulturerbe und Friedenskonsolidierung, Konfliktprävention sowie Mediation und Dialog basiert, kann die internationale Unterstützung für den Wiederaufbau von Gesellschaften untermauern. Kulturelles Erbe stellt eine neue Chance für die Wiederbelebung der Friedensarbeit dar. Diese friedensorientierten Ansätze sollten versuchen, vernachlässigte Infrastrukturen des kulturellen Erbes auf der Basis von Diversität und Menschenwürde zu stärken.

 

Die Verankerung der internationalen Unterstützung auf wesentliche Prioritäten des Kulturerbes wird bestehende Strukturen, Menschen und Institutionen unterstützen und sichtbare Vorteile bringen. Ein Kulturerbe-Ansatz zur Friedenskonsolidierung sollte »ansonsten disparate Themen, Projekte und Instrumente in einen Leitrahmen einbinden, um das Engagement der EU bei der Konfliktlösung zu unterstützen«, wie es in der neuen Strategie für Kulturerbe in Krisen und Konflikten heißt.

 

Der interkulturelle und interreligiöse Dialog ist eine Antwort auf die dramatischen Ereignisse des Jahres 2001 und auf jene Theorien, die den Kampf der Kulturen als Ersatz für die ideologische Spaltung des Kalten Krieges sehen. Samuel Huntingtons »Clash of Civilizations« wurde zum Fanal derjenigen, die einen endlosen Zyklus internationaler Kriege auf der Basis zivilisatorischer Unvereinbarkeiten vorhersagten.

 

Der Beginn des »Krieges gegen den Terror« prägt weiterhin die Mentalität in den internationalen Beziehungen, trotz der verschiedenen Initiativen, die seitdem gestartet wurden, um die kulturelle Kluft zu überbrücken.

 

Die »Allianz der Zivilisationen« wurde 2005 als ein wichtiger Bestandteil der Friedens- und Sicherheitsagenda der UN gegründet. Ihr Aktionsplan 2019/2023 konzentriert sich auf Konfliktprävention, Mediation und den Kampf gegen Radikalisierung und Terrorismus, wird aber immer noch nicht effektiv umgesetzt, teilweise aufgrund der Auswirkungen der Pandemie, aber auch aus Mangel an ausreichenden Ressourcen und politischer Unterstützung.

 

Die EU ist auf dem Gebiet der neuen Konfliktlösungsstrategien vergleichsweise im Vorteil

 

Die Konfliktprävention und Konfliktlösung des nächsten Jahrzehnts muss ganzheitlicher, umfassender und kultursensibler sein. Die Einbeziehung der gewonnenen Erkenntnisse und die Bewältigung der Herausforderungen, die künstliche Intelligenz und digitale Plattformen mit sich bringen, ist nicht mehr nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit.

 

Auch die Frage der ökologischen Friedensförderung wird nun in die multilaterale Agenda integriert, ebenso wie ein verändertes Engagement von Unternehmen und Privatwirtschaft bei Stabilisierung und Konfliktlösung. Außerdem wird die Notwendigkeit, Frauen voll in den Prozess der Mediation und Friedenskonsolidierung einzubeziehen, inzwischen als Teil einer echten Gleichstellung der Geschlechter anerkannt.

 

Die EU ist auf dem Gebiet der neuen Konfliktlösungsstrategien vergleichsweise im Vorteil, nicht nur wegen ihrer beträchtlichen Ressourcen und ihres erweiterten Werkzeugkastens an Mediationsinstrumenten, sondern vor allem wegen ihrer Glaubwürdigkeit als ehrlicher Vermittler. Als eines der Länder, das die friedliche Beilegung von Konflikten zum Kern seiner außenpolitischen Strategien gemacht hat, spielt Spanien eine wichtige Rolle in dem integrierten Ansatz, der die Rolle der EU in der Mediation als eine Säule des neuen multilateralen Systems definiert.

 

Das neue EU-Konzeptpapier zur Mediation, das am 7. Dezember vom Rat für Auswärtige Angelegenheiten angenommen wurde, ist ein konzeptioneller Rahmen für die Zukunft der EU-Initiativen zur Konfliktlösung. Mit der Annahme neuer thematischer Linien wie ökologische Friedenskonsolidierung, der Bewältigung der Herausforderungen von IT und digitalen Plattformen, der Unterstützung der internationalen Agenda für Frieden und Sicherheit von Frauen und der Einbeziehung von kulturellem Erbe als effektivem Einstiegspunkt in den Konfliktzyklus ist der Europäische Auswärtige Dienst nun an der Spitze eines ganzheitlicheren und umfassenderen Mediationsansatzes.


Ramon Blecua ist ein spanischer Diplomat, derzeit Botschafter für Mediation und interkulturellen Dialog und ehemaliger EU-Botschafter im Irak. Die in diesem Aufsatz wiedergegebenen Meinungen stellen nicht die offizielle Position des spanischen Außenministeriums dar.

Von: 
Ramon Blecua

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