Lesezeit: 7 Minuten
Arabisch lernen in der Quarantäne

Raus mit der Sprache!

Feature
Arabisch lernen in der Quarantäne

Als ob Arabisch nicht ohnehin schwer genug ist, gefährden Pandemie und Quarantäne die Fortschritte von Sprachschülern weltweit. Wir stellen Alternativen zur Sprachschule vor,
von Untertiteln für Netflix-Serien bis hin zur Sprachlehrerin im Videocall.

Das Erlernen der arabischen Sprache ist ein Lebensprojekt und als solches ein Weg mit vielen Höhen und Tiefen. In Zeiten von Pandemie und Ausgangssperre für die meisten Sprachschüler derzeit wohl eher letzteres. Sprachschulen sind geschlossen, Kontakte gilt es zu vermeiden: Wer kann unter diesen Umständen eine Sprache lernen?

 

Wie ein vernachlässigtes Fahrrad im Hinterhof, können auch ungenutzte Sprachkenntnisse einrosten. »Das kann beim Arabischen sehr schnell gehen«, warnt Eckehard Schulz, Mitentwickler des arabischen TOAFL-Tests. Engagierten Schülern rät er, arabische Medien möglichst täglich digital zu verfolgen und regelmäßig auf Arabisch mit Freunden und Bekannten zu sprechen. Vor allem das Sprechen sei wichtig, sagt Schulz, denn die menschliche Komponente ist beim Sprachenlernen unerlässlich.

 

Online-Angebote können, nach Schulz, aber zumindest eine wichtige Ergänzung sein. Grund genug, einige der Angebote genauer unter die Lupe zu nehmen.

 

Duolingo ist eine der bekanntesten und beliebtesten Apps und hat mehr als 30 Sprachen im Angebot – darunter auch Hocharabisch. Das Programm bietet tägliche Übungen zwischen fünf und zwanzig Minuten an. Dazu gehören Vokabeltraining und Grammatik-Übungen, die sofort Feedback geben. Ein spielerisches Design und regelmäßige Erinnerungen sollen die Schüler motivieren, die App regelmäßig zu nutzen.

 

Das größte Manko ist die fehlende menschliche Komponente. Um eine Sprache tatsächlich zu beherrschen, ist es insbesondere im Arabischen wichtig, die Nuancen der Worte zu verstehen. Diese können nämlich den Sinn eines Satzes vollkommen verändern. Schulz meint: »Der beste Online-Kurs kann gute Lehrer*innen nicht ersetzen.« Es brauche ein menschliches Gegenüber, das beurteilt, ob man richtig kommunizieren kann.

 

Das ägyptische Unternehmen Arab Academy bietet seit Jahrzehnten Online-Sprachkurse für Hocharabisch, islamisches Arabisch oder ägyptisches Arabisch an. Das kostenpflichtige Angebot kombiniert digitale Übungen mit Online-Unterricht. In diesen Videotelefonaten hat jede Schülerin eine individuelle Lehrerin, mit der sie das Sprechen und die Kommunikation üben kann. Die Dauer der Treffen variiert zwischen vier und acht Stunden pro Monat.

 

So kann der Lernprozess individuell an die Schülerin angepasst werden, um ihr Potential zu entwickeln. Doch auch wenn echte Lehrer das Lernen begleiten, warnt Schulz, dass Online-Unterricht nicht überschätzt werden darf. Physische Präsenz ist beim Lernen einer Sprache notwendig, da auch die soziale und menschliche Beziehung zwischen Sprachlehrern und Sprachschülern zählt. Deshalb steht für ihn fest: »Online Arabisch zu lernen sollte nur dann die erste Wahl sein, wenn sich andere Optionen nicht realisieren lassen.«

 

Ein weiteres Online-Angebot stellt das Al-Arabiyya-Institut von Schulz selbst bereit. Auf der Webseite lässt sich die e-Edition des Lehrbuchs »Modernes Hocharabisch« kaufen. Es beinhaltet Texte, Grammatikübungen, Ton-Dateien, Videos, einen Vokabeltrainer und diverse Übungen. Neben dem Hocharabischen werden auch Dialoge in mehreren Dialekten angeboten, vom syrischen bis zum maghrebinischen Dialekt. Zusammen mit digitalen Tests sei die e-Edition ein Werkzeug für die Arabischschüler, mit dem sie kontinuierlich Fortschritte machen und sich selbst kontrollieren könnten, sagt Schulz über sein Programm.

 

Für die Schülerin, die in Quarantäne ihr Arabisch verbessern will, ist das digitale Lehrbuch alleine wohl nicht ausreichend, wie Schulz selbst weiß. So könne das beste Buch oder Online-Programm immer nur eine Ergänzung sein zu dem Unterricht mit einer Lehrerin, also mit echten Menschen.

 

Um solche Menschen zu finden, bieten sich Online-Plattformen wie Conversation Exchange an. Nach der kostenlosen Anmeldung lässt sich ein Profil erstellen. Welche Sprachen werden bereits beherrscht, welche soll gelernt werden? Ergänzt um die eigenen Interessen vernetzt die Plattform dann Nutzer dann mit anderen Sprachbegeisterten weltweit – jeweils abgestimmt auf das eigene Sprachniveau.

 

Damit die Partnerschaft gelingt, müssen beide Parteien natürlich ein echtes Interesse am Austausch miteinander haben. Den richtigen Partner zu finden ist auf Conversation Exchange zumindest für Arabisch aber üblicherweise nicht so schwer. Fehlt nur noch die Selbstdisziplin, um nicht aus Bequemlichkeit einfach auf Englisch zu wechseln.

 

Ein anders Angebot für Arabischbegeisterte bietet die Internetseite Arabic for Nerds. Sie sammelt englische Artikel über die vielen Besonderheiten und Nuancen der arabischen Sprache und ihrer Diversität. Die Inhalte reichen von nützlichen Tipps (»How to add Arabic subtitles in Netflix«), über absolute Grundlagen (»How do you say to have in Arabic?«) bis hin zu Feinheiten (»Tricky things about the adjective in Egyptian Arabic«).

 

Hier geht es weniger um das Lernen, sondern um die Vertiefung des Verständnis für die Sprache. Das ist also vor allem interessant für Arabisch-Enthusiasten. Wer noch tiefer einsteigen will, dem bietet die Seite noch eine Suchfunktion an, mit der sich Arabischlehrer aus der Region finden lassen.

Von: 
Thabo Huntgeburth

Banner ausblenden

Die neue zenith 02/2022 ist da: Reise zum Mittelpunkt der Erde

Reise zum Mittelpunkt der Erde

Die neue zenith ist da: mit einem großen Dossier zur Region Persischer Golf und überraschenden Entdeckungen. Von Archäologe über Weltpolitik und Wattenmeer zu E-Sports und großem Kino.

Banner ausblenden

Newsletter 2

Der heiße Draht

Frische Analysen, neue Podcast-Folgen, exklusive Einladungen zu Hintergrundgesprächen und Werkstattberichte: Jeden Donnerstag erhalten tausende Abonnenten den zenith-Newsletter. Sie  wollen auch auf dem Laufenden bleiben? Dann melden Sie sich hier kostenlos an.

Banner ausblenden

WM Katar

So eine WM gab es noch nie

Auf 152 Seiten knöpfen sich Robert Chatterjee und Leo Wigger alle wichtigen Fragen rund um die erste Fußball-WM in einem arabischen Land vor.