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Mitarbeiter-Mittwoch: Robert Chatterjee, stellvertretender Chefredakteur zenith

»Es flogen Steine und Sitze«

Portrait
Mitarbeiter-Mittwoch: Robert Chatterjee
Foto: Elisabed Abralava

Aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums von zenith, stellen wir jeden Mittwoch einen Mitarbeiter der zenith-Redaktion oder der Candid Foundation vor. Diese Woche: Robert Chatterjee, stellvertretender Chefredakteur von zenith.

Über Robert:

Ich bin der einzige Berliner in unserem Berliner Büro (und habe auch in Berlin studiert, Islamwissenschaft und Geschichte). Bei zenith habe ich 2009 angefangen, seit 2016 bin ich Verantwortlicher für das Heft und stellvertretender Chefredakteur. Außerhalb von zenith dreht sich bei mir so ziemlich alles um Sport (Fußball, Basketball) sowie Filme und Serien.

 

Wofür bist du in der Redaktion berühmt bzw. berüchtigt?

Ich esse Kassler und Mettbrötchen genauso gern wie Sushi und Ramen. Ansonsten für Wortspiele, Kalauer, alle möglichen Sprachwitze und sehr selektive kulturelle Referenzen, insbesondere aus Filmen und Serien. Dafür ernte ich oft genug Kopfschütteln. Einige Vorschläge schaffen es als Überschrift ins Heft oder auf die Homepage. Da sind teilweise schon sehr obskure Referenzen mit dabei: »Chinesische Sackgasse« - na, aus welchem 1980er-Klassiker stammt dieses Zitat? Meine (noch ungenutzte) Lieblingskreation: »Abaya auf Rügen«. Leider hat sich bislang noch nicht die Geschichte für diesen Titel aufgetan.

 

Wie sieht Dein »perfekter« Arbeitstag aus bei zenith aus?

Alle Artikel treffen pünktlich ein, inklusive toller Fotos in 300 dpi, sodass wir gemeinsam im Team genug Zeit haben, alle möglichen Layout-Ideen durchzuprobieren (und pünktlich um 18 Uhr Feierabend machen können.) Nachtschichten können auch in ausgefallenen Ideen enden. Am nächsten Tag merkt man dann aber meistens: Ausgeschlafen und mit klarem Kopf kriegt man doch schon mehr auf die Reihe.

 

»Den Nahen Osten näherbringen« - Was bedeutet das für Dich?

Ich finde, es gibt keine reinen Nahost-Themen, sondern Sorgen, Probleme, Hoffnungen, Trends, die auch die Region betreffen, über die wir berichten: Müllabfuhr, Ärztemangel, Wohnungsnot, Youtube-Szene, Fußballfieber – all das sind Themen, die Menschen in Bagdad und Beirut ebenso bewegen wie in Berlin.

 


Mitarbeiter-Mittwoch: Robert Chatterjee
Foto: Elisabed Abralava

 

Welche zenith-Ausgabe ist dir am meisten in Erinnerung geblieben? (Warum?)

Inhaltlich: Ausgabe 1/2016 – die erste Ausgabe, die ich geleitet habe. Die Reportage über Kawa Prüfer und seine Mutter auf ihrem Weg in den Irak zum Kampf gegen den IS gehört zu den besten Geschichten, die je in zenith erschienen sind. Skurril, zum Schmunzeln, aber menschlich ehrlich und aufrichtig. Optisch: Heft 5/2012, der Schwerpunkt zu Brasilien mit dem obligatorischen Kalauer (»Samba Aleikum!«) im Titel und dem Kamel mit den geweiteten Pupillen auf dem Cover.

 

Welches Buch würdest du jedem weiterempfehlen?

»The Silk Roads: A New History of the World« von Peter Frankopan. Hier erfährt man unter anderem, wie griechische Kultur und der Buddhismus in Zentralasien zueinander gefunden haben und was das mit den Buddha-Statuen von Bamyan in Afghanistan zu tun hat. Es tut immer gut, einen frischen Blick auf Geschichte zu werfen.

 

Welches Gericht kochst du gut und gerne?

Gulasch, Buletten, Risotto, Döner vom hauseigenen Drehspieß

 

Wen wolltest du schon immer einmal interviewen?

Steve Kerr, ehemaliger Teamkollege von Michael Jordan und Meistertrainer der Golden State Warriors. Kerr ist in Beirut geboren, seine Familie betrieb dort schon in den 1920er Jahren ein Waisenhaus für Überlebende des armenischen Genozids. Sein Vater, der Präsident der American University of Beirut, wurde 1984, mitten im Bürgerkrieg, ermordet. Ich würde mir von Kerr gern erzählen lassen, wie es war, in den 1970er Jahren in Ägypten und im Libanon aufzuwachsen und ob und wie er noch heute mit der Region verbunden ist.

 

Ein Ort, den du niemals vergessen wirst?

Südlibanon, auf einem verlassenen Hochstand nahe Nabatiyeh, der erst von der israelischen Armee, dann von der Hizbullah genutzt wurde. Wenn man die rostige Leiter hochgekrabbelt ist, wird man mit einem malerischen Panoramablick belohnt. Und einem Gefühl trügerischer Ruhe. Denn es ist vor allem so friedlich, weil die Gegend noch immer vermint ist und sich viele Menschen deswegen lieber fernhalten.

 

Ein Ereignis, das du niemals vergessen wirst?

Im Frühjahr 2005 reiste ich mit Christoph Sydow (heute Redakteur bei Spiegel Online) zum ersten Mal in den Libanon und nach Syrien – knapp zwei Wochen nach der Ermordung von Rafiq Hariri. Massendemonstrationen, politische Lagerbildungen: man spürte an jeder Ecke, wieviel hier grad in Bewegung gerät – Gutes wie Schlechtes. Im Schatten der politischen Aufbruchsstimmung entlud sich damals eine Menge Wut gegen die ärmsten Schlucker, gegen syrische Tagelöhner, die als Sündenbock herhalten mussten. Auf der gleichen Reise gingen wir in Aleppo ins Stadion. Kurz vor Schluss eskalierte die Lage, es flogen Steine, Sitzschalen und Flaschen in Richtung der Sicherheitskräfte. Die antworteten später mit Tränengas. Im Rückblick merkte man damals schon, dass es unter der Oberfläche brodelte.

 

Warum würdest du Anderen empfehlen, zenith Club-Mitglied zu werden?

Wir bringen Geschichten, die man sonst nirgendwo liest. Aus unseren Veranstaltungen geht man oft schlauer heraus als nach mehreren Semestern Studium.  Und wir bieten seriöse Expertise, ohne uns selbst übertrieben ernstzunehmen.

Von: 
zenith-Redaktion

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