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Wie halten Sie es mit Scholl-Latour?

Scholl-Latours Erben

Interview
Monika Bolliger

Ein halbes Jahrhundert lang berichtete Peter Scholl-Latour von Krisenherden in Afrika und Asien, erzählte vom islamischen Wesen und ärgerte damit Wissenschaftler. Im Sommer 2014 verstarb er mit 90 Jahren. Wer erklärt den Deutschen nun den Orient?

Monika Bolliger

 

Geboren 28. März 1983 in Affoltern am Albis / Zürich

 

Wohnort Beirut und Zürich

 

Ausbildung Studium der Allgemeinen Geschichte, Arabistik und Völkerrecht an der Universität Zürich. Auslandssemester in Damaskus. Lizenziat/Master-Abschluss 2010.

 

Karriere Nach viermonatigem Volontariat auf der Redaktion der NZZ und einem Praktikum auf dem Schweizer Außenministerium Eintritt in die NZZ-Redaktion: Ab 2011 redaktionelle Mitarbeiterin mit Schwerpunkt Nahost; ab 2012 Korrespondentin in Jerusalem, Kairo und Beirut.

 

WIE KAMEN SIE DAZU, NAHOSTJOURNALISTIN ZU WERDEN?
Eher zufällig. Im Geschichtsstudium besuchte ich ein Seminar zum Thema Kreuzzüge aus arabischer Sicht. Ich fand es bereichernd, für einmal die Geschichte aus nicht-europäischer Perspektive zu betrachten. Also wählte ich Arabisch als Nebenfach. Als ich später bei der NZZ anklopfte, war ich mit meinen Arabischkenntnissen zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

 

WELCHE NAHÖSTLICHEN SPRACHEN BEHERRSCHEN SIE?
Ich habe an der Uni Hocharabisch gelernt, und in Damaskus syrischen Dialekt.

 

DER ORIENT RIECHT NACH ...
…Jasmin? Ehrlich gesagt, oft eher nach Abgasen.

 

APROPOS: WO LIEGT ER EIGENTLICH, DIESER ORIENT?
Ich mag den Orient-Begriff nicht, weil er geografisch vage und klischeebehaftet ist. Das viktorianische England träumte von freizügigen Haremsdamen aus Tausendundeiner Nacht, heute denken bei Orient alle an prüde Islamisten und tiefverschleierte Frauen.

 

DREI NO-GOS FÜR WESTLICHE REPORTER IM NAHEN OSTEN.
Paternalismus statt Zuhören auf Augenhöhe. Dann, je nach Umfeld: dem anderen Geschlecht die Hand reichen oder ein Bein quer über das andere legen, so dass der Fuß auf jemanden zeigt.

 


IHR GRÖSSTER JOURNALISTISCHER FAUXPAS?
Kein riesiger Fauxpas, aber unglaublich peinlich für eine Journalistin: Ich vergesse manchmal mein Notizbuch oder den Kugelschreiber zum Interview.

 

AM MEISTEN ÜBER DEN ORIENT GELERNT HABE ICH ...
…durch Freundschaften mit Menschen aus Syrien, Libanon, Palästina, Israel, Ägypten, Saudi-Arabien, Iran oder Jemen. Jedes Land ist anders als das andere.

 

EIN ROMAN ÜBER DIE REGION, DEN JEDER GELESEN HABEN SOLLTE.
Ich mochte »Guapa« von Salim Haddad. Schauplatz ist die Queer-Szene im Nahen Osten, und es handelt von allem, was die Jugend der Region seit dem Arabischen Frühling bewegt.

 

PETER SCHOLL-LATOUR WAR FÜR MICH ...
…in der Schweiz weniger bekannt als in Deutschland. Mein großes Vorbild war die Schweizer Legende aller Nahostkorrespondenten, Arnold Hottinger.

 

DIE GESCHICHTE, DIE SIE SCHON IMMER MACHEN WOLLTEN, ZU DER SIE ABER NIE KAMEN.
Ich würde wahnsinnig gern eine Reportage aus Sanaa schreiben. Saudi-Arabien blockiert jedoch den Zugang für Journalisten; ich habe es daher nur nach Marib und Aden geschafft.

Von: 
Robert Chatterjee

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