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Scholl-Latours-Erben: Daniel Hechler

»Keine Lektüre kann Erlebnisse aus erster Hand ersetzen«

Interview
Scholl-Latours-Erben: Daniel Hechler

Ein halbes Jahrhundert lang berichtete der Fernsehjournalist Peter Scholl-Latour von Krisenherden in Afrika und Asien. Wer erklärt den Deutschen nun den Orient? zenith nimmt Kandidaten unter die Lupe. Diesmal: Daniel Hechler vom ARD-Studio Kairo.

Ein halbes Jahrhundert lang berichtete der Fernsehjournalist Peter Scholl-Latour von Krisenherden in Afrika und Asien. Wer erklärt den Deutschen nun den Orient? zenith nimmt Kandidaten unter die Lupe. Diesmal: Leiter des ARD-Studios Kairo.


 

  • Geboren: 8. August 1972 in Darmstadt
  • Wohnort: Kairo
  • Ausbildung: Studium der Diplom-Journalistik an der LMU München und Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule DJS. Praktika bei der FAZ, ARD aktuell, ARD-Morgenmagazin.
  • Karriere: 1996–1998 freie Mitarbeit beim Hörfunk des Bayerischen Rundfunks. Seit 1998 beim SWR. Zunächst als Redakteur und Moderator beim Hörfunk, später beim Fernsehmagazin »Ländersache« in Mainz und »Report Mainz« als Autor und CvD. Autor diverser Dokumentationen. Von 2011 bis 2016 ARD-Korrespondent in Genf, anschließend stv. Leiter bei ARD aktuell in Stuttgart. Seit 2018 Leiter des ARD-Studios Kairo.

 


 

Wie kamen Sie dazu, Nahost-Journalist zu werden?

Als Korrespondent in Genf habe ich oft aus der Perspektive der Vereinten Nationen über die Situation der Menschenrechte im Nahen Osten, Konflikte und Kriege berichtet. Es hat mich gereizt, Menschen und Region auch aus erster Hand zu erleben, mir ein eigenes Bild vor Ort zu machen und darüber zu berichten. Mich fasziniert die Geschichte der Berichtsländer, die Menschen, ihre leider oft deprimierende Situation und ihr fester Wille, ihr Schicksal irgendwie zu meistern. Es lag für mich deshalb nahe, sich für das ARD-Studio Kairo zu bewerben.

 

Welche nahöstlichen Sprachen beherrschen Sie?
Zu wenige. Ich nehme Arabisch-Unterricht, mache Fortschritte, wäre aber gerne sehr viel weiter. Leider fehlt mir oft die Zeit dazu.

 

Der Orient riecht nach ...
Gewürzen, Fisch, Tee, Kaffee, aber gelegentlich auch nach üblen Abgasen.

 

Apropos: Wo liegt er eigentlich, dieser Orient?
Im Osten. Wo genau, ist geografisch schwer zu verorten. Überhaupt entzieht sich der etwas schillernde Begriff einer präzisen Definition. Durch meinen Kopf schwirren Bilder von Bauchtänzerinnen, Wüstenzelten, Kamelen, Morgensonne und Gebetsrufen. Zugegebenermaßen alles Klischees, aber doch faszinierende, die ich alle schon erleben durfte.

 

Drei No-Gos für westliche Reporter im Nahen Osten?
Menschen im Stil von Kolonialherren begegnen. Mit fertigem Konzept an den Drehort fahren. Professionellen Zynismus pflegen.

 

Ihr größter journalistischer Fauxpas?
Den Namen des Gesprächspartners in einer Schalte vergessen. Ohnehin für mich immer eine besondere Herausforderung.

 

Am meisten über den Orient gelernt habe ich ...
Durch mittlerweile etliche Reisen in all die Länder, die zu unserem Berichtsgebiet gehören. Steile Lernkurve, spannende Einblicke, großartige, gelegentlich erschütternde Begegnungen. Keine Lektüre kann diese Erlebnisse aus erster Hand ersetzen.

 

Ein Roman über die Region, den jeder gelesen haben sollte.
Den gibt es meiner Meinung nach nicht. Mich hat zuletzt »The Forty Rules of Love« von Elif Shafak berührt.

 

Peter Scholl-Latour war für mich ...
... ein herausragender Kollege, heute eine Legende. Seine große Stärke war es, hochkomplexe Sachverhalte im Nahen Osten prägnant und provokativ, immer verständlich einzuordnen und zu deuten. Er war nicht nur erfahren, belesen, klug, sondern auch ein genialer Selbstvermarkter.

 

Die Geschichte, die sie schon immer machen wollten, zu der Sie aber nie kamen.
Da gibt es noch viele. Unbedingt will ich den Jemen bereisen, wenn wir denn eines Tages ein Visum bekommen. Das Leiden der Bevölkerung, den Irrsinn des Krieges, aber auch die unglaublich schönen Landschaften erleben und darüber berichten, das würde mich sehr reizen.

Von: 
zenith-Redaktion

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