Der Produktdesigner Robert Hofmann hat ein Gerät entwickelt, mit dem man spielend einfach Strom selbst erzeugen kann. Hält das »Hadafa-Selfaid« die Lösung für Ägyptens Energieprobleme bereit?
Ägypten hat ein Energieproblem. Im Land wird schlicht zu wenig Strom produziert, um den täglichen Bedarf an Energie für die rund 85 Millionen Einwohner zu decken. »Der Staat reagiert kaum, also sind die Menschen auf sich selbst gestellt«, sagt der Produktdesigner Robert Hofmann. Im Rahmen seiner Abschlussarbeit an der Bauhaus-Universität Weimar und in Kooperation mit der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) hat Hofmann ein Gerät entwickelt, mit dem man spielend einfach und kostengünstig seinen Strom selbst herstellen kann.
Das »Hadafa-Selfaid« kann durch Muskelkraft erzeugte Energie speichern und nach Bedarf abgeben und damit dem chronischen Energiemangel am Nil entwicklungspolitisch begegnen. Hadafa bezeichnet ein traditionelles, bereits im Altertum in ländlichen Regionen genutztes »Schwungrad«. »Wir haben nach einem Weg gesucht, einkommensschwachen Haushalten in den informellen Vierteln Kairos eine Alternative zur instabilen öffentlichen Stromversorgung anzubieten. Wir wollten ein Gerät entwickeln, mit dem man Stromausfälle überbrücken kann«, sagt Hofmann.
»Die Idee habe ich schon länger mit mir herumgetragen, aber in Ägypten hat es plötzlich Sinn ergeben, sie in die Praxis umzusetzen.« Denn um eine Überlastung oder gar den Zusammenbruch der Energieversorgung zu verhindern, schalten Behörden immer wieder ganze Stadtviertel vom Netz ab. Vor allem ärmere Gegenden sind davon betroffen. Im Mai 2014 waren selbst in Kairos Innenstadt drei Ausfälle pro Tag die Regel – und das noch vor dem heißen Sommer, in dem Millionen Menschen auf ihre Klimaanlagen vertrauen. Die Stromausfälle in Kairo schränken nicht nur im Alltag ein, sondern lähmen insbesondere auch den Servicesektor. Über 60 Prozent der ägyptischen Wirtschaftsleistung werden durch Dienstleistungen erbracht.
Der 27-jährige Hofmann kam 2012 als Praktikant der GIZ nach Kairo. Gemeinsam mit dem Ingenieur Sameh Shaaban hat er die Idee für einen mechanischen Energiespeicher in einer kleinen Werkstatt in die Tat umgesetzt. »Nach einigen Monaten Ausprobieren und Basteln konnten wir im März 2014 endlich zwei Prototypen vorstellen«, erzählt Hofmann. Alle Bestandteile des Hadafa sind recycelbar. So sollen Verschleiß vermieden und laufende Kosten reduziert werden. Ein Getriebe, ein Schwungrad, ein Generator, einige Schrauben und Metall – das sind alle Bestandteile des Geräts.
Getriebe und Schwungrad können jedem Verbrennungsmotor entnommen werden, der Motor einer Waschmaschine dient als Generator. »Mit dem Hadafa können sich Menschen vom instabilen Stromnetz abkoppeln und emissionsfrei ein Minimum an autarker Stromversorgung sicherstellen.« Zentraler Bestandteil des Hadafa ist ein Schwungrad, das mit hoher Geschwindigkeit rotiert und mechanisch Strom speichert. Das Rad muss mit Muskelkraft angetrieben werden, anschließend kann die im rotierenden Rad gespeicherte Energie abgezapft werden. Man braucht drei bis fünf Minuten, um das Gerät auf die benötigte Drehzahl anzutreiben.
Die gespeicherte Muskelkraft kann einen kleinen Generator 30 bis 40 Minuten lang antreiben und in dieser Zeit sieben Watt erzeugen. »Mit sieben Watt kann man einen Internetrouter betreiben, drei Handys aufladen oder ein gesamtes Haus ausleuchten«, erklärt Hofmann. Jetzt muss das Gerät nur noch unter die Leute gebracht werden. »Einige Unternehmer könnten sich vorstellen, ein solches Gerät in Serie herzustellen, aber Konkretes ist dabei noch nicht herausgekommen.« Auch der Open-Source-Ansatz sei noch im Gespräch. So könnten Baupläne an Mechaniker weitergeben werden, die das Gerät nachbauen und unabhängig von der Industrie in ihren Stadtvierteln vertreiben.