Präsident Nasarbajew verlängert den Ausnahmezustand in der kasachischen Stadt Zhanaozen bis zum Ende des Monats. Beobachter befürchten erhebliche Auswirkungen auf die Parlamentswahlen am 15. Januar.
NGOs und internationale Organisationen hatten Kasachstans Präsidenten Nursultan Nasarbajew umgehend nach den Ereignissen aufgefordert, die Vorfälle am 16. Dezember 2011 durch eine unabhängige Kommission untersuchen zu lassen. Derweil wurde eine staatliche Kommission installiert, die von der Opposition eigens etablierte Kommission hat bisher keinen Zugang in die Stadt. Auch Journalisten können Zhanaozen weiterhin nur eingeschränkt besuchen. Offiziell heißt es, die Situation habe sich stabilisiert. Telefonberichten zufolge ist die Präsenz militärischer Truppen jedoch noch immer hoch.
Immer mehr Videos tauchen auf, die ein gewaltsames Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Streikenden belegen. Berichten zufolge sammelt die Polizei im Ort Videos ein, die von Bürgern während der Zusammenstöße mitgeschnitten worden sind. Die Staatsanwaltschaft hat Ermittlungen zum Vorgehen der Polizei angekündigt. Gleichzeitig sind mindestens 50 Bürger wegen angeblicher Beteiligung an den Streiks verhaftet worden. Bürger in Zhanaozen beklagen den Umgang der Polizei mit festgenommenen Angehörigen, die Organisation Human Rights Watch rief die kasachischen Behörden auf, die Folter und Misshandlung von Inhaftierten zu unterlassen.
Doppelstrategie der kasachischen Führung
In einem geschickten Schachzug hatte sich Nasarbajew nach monatelanger Tatenlosigkeit im Anschluss an die Zusammenstöße auf die Seite der Streikenden gestellt und ihre Entlassung aufgrund der Teilnahme in Streiks als »illegal« bezeichnet. Zugleich zog er personelle Konsequenzen in den Chefetagen des nationalen Energiekonzerns KazMunaiGaz und kündigte die Wiedereinstellung von bis zu 1800 Streikenden an. Nach staatlichen Angaben haben mittlerweile rund 900 Streikende das Angebot angenommen. Gleichzeitig jedoch ist erst vor wenigen Tagen eine Kommission gegründet worden, die den Verbleib der entlassenen Arbeiter klären soll. Ohnehin hatte Nasarbajew in seinem Angebot die Forderungen der Streikenden – höhere Löhne und die Zulassung von Gewerkschaften – nicht berücksichtigt.
Bereits seit Frühjahr 2011 streikten der Region Mangystau bis zu 15.000 Arbeiter. Am kasachischen Unabhängigkeitstag war es in Zhanaozen zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Ölarbeitern gekommen. Nach offiziellen Angaben kamen hierbei 16 Menschen ums Leben, weitere hundert wurden verletzt. Die nach der Eskalation verhängte Notstandsregelung sollte eigentlich heute ausgesetzt werden.
Am 15. Januar 2011 finden in Kasachstan Parlamentswahlen statt. Oppositionelle beklagen, dass durch den Ausnahmezustand die Möglichkeiten einer Wahlkampagne in Zhanaozen noch weiter eingeschränkt sind.