Der neue US-Botschafter in Jerusalem ist noch nicht im Amt, spielte hinter den Kulissen des Netanyahu-Besuchs in Washington aber schon eine tragende Rolle. Erfüllt Mike Huckabee den Traum der US-Evangelikalen und der religiösen Rechten in Israel?
In der vergangenen Woche sorgte Donald Trump weltweit für Aufsehen mit der Ankündigung, dass die USA den Gazastreifen in Zukunft »managen« wollten. Dazu gehöre die Abtragung von zerstörten Häusern, der Bau neuer Städte und die »Umsiedlung« von Palästinensern. »Gaza war die Hölle für sie«, sagte Trump, während er im selben Atemzug de facto einen Blankocheck für die – im besten Fall –Zwangsvertreibung eben jener Menschen ausstellte.
Trump präsentierte seine Pläne im Sprech des Immobilien-Entwicklers, in der er sich noch immer sichtlich wohlfühlt. Unklar bleibt, was an seinen Auslassungen Drohkulisse und was ernste Forderung ist. Mindestens aber erhoffte sich Trump, einen Verhandlungshebel zu schaffen, beispielsweise für Gespräche mit Saudi-Arabien. Denn für die Kosten dieser Pläne sollen andere aufkommen – etwa das Königreich.
Noch bevor Donald Trump am 5. Februar Benjamin Netanyahu im Weißen Haus empfing, und auch bevor der israelische Premier mit jüdisch-amerikanischen Organisationen wie etwa AIPAC tagte, traf der Staatsgast sich mit einem der einflussreichsten Köpfe der US-amerikanischen Evangelikalen: Mike Huckabee – dem voraussichtlich nächsten US-Botschafter in Israel, dessen Bestätigung durch den Kongress wohl nur noch eine Formalie sein wird.
Auch diese Haltung begründet Huckabee mit biblischen Passagen, in diesem Fall der Berufung Abrahams im Buch Genesis
Huckabee hatte einst selbst das höchste Staatsamt angestrebt, scheiterte aber sowohl 2008 als auch 2016 bei den Vorwahlen der Republikaner. Inzwischen fast bekannter ist seine Tochter Sarah Huckabee Sanders, die als Pressesprecherin bereits während der ersten Amtszeit Trumps diente und seitdem als Gouverneurin den Bundesstaat Arkansas regiert – so wie zuvor schon ihr Vater von 1996 bis 2007.
Nicht nur seine politische Laufbahn, sondern vor allem auch seine mediale Präsenz, etwa beim Sender Fox News, macht den heute 69-Jährigen zu einem der bekanntesten Vertreter der religiösen Rechten in den USA. Die Grundlage für Weltbild und Engagement Huckabee liegen in Huckabees Karriere in der Kirche: In seiner Zeit als Pastor des Gemeindeverbunds »Southern Baptists Convention« warb er für Reisen ins Heilige Land und begleitete nach eigener Aussage über Hundert Mal evangelikale Gruppen zu verschiedenen biblischen Schauplätzen auf israelischem wie palästinensische Territorium.
Huckabees Position zum Nahostkonflikt und zum Staat Israel wird maßgeblich von seinem Glauben bestimmt. Er zitiert in diesem Kontext immer wieder einen Vers aus dem ersten Buch Mose: »Wer Israel segnet, den segnet Gott«. Der Zweistaatenlösung sei schon vor 3.500 Jahren eine göttliche Absage erteilt worden. Auch diese Haltung begründet Huckabee mit biblischen Passagen, in diesem Fall der Berufung Abrahams im Buch Genesis. Kein Beschluss der Vereinten Nationen könne dagegen ankommen, bekannte der zukünftige US-Botschafter gegenüber dem Medium All Israel News kurz nach seiner Nominierung im November.
Die Annexion palästinensischer Gebiete unterstützt Huckabee denn auch als »jüdische Rückkehr in die Heimat«
Doch Huckabee belässt es nicht bei theologischen Standpunkten – sondern lässt seinen Überzeugungen Taten folgen. Bereits 2018 verkündete er, eines Tages ein Ferienhaus in einer israelischen Siedlung erwerben zu wollen. Das Westjordanland bezeichnet er – ganz wie die religiöse Rechte in Israel – konsequent mit den biblischen Namen »Judäa und Samaria«. Die Annexion palästinensischer Gebiete unterstützt Huckabee denn auch als »jüdische Rückkehr in die Heimat« – gemäß dieser Logik leugnet er denn auch die Besatzung. Stattdessen tat Huckabee schon während seines Wahlkampfs im Jahr 2008 die Ansicht kund, dass die palästinensische Identität »nicht existent« sei und lediglich als Mittel diene, »um Israel Land wegzunehmen«. Schon damals sprach er sich dafür aus, einen palästinensischen Staat – wenn überhaupt – auf ägyptischem, jordanischem oder syrischem Territorium zu errichten.
Rhetorisch versucht sich Huckabee dabei an einem Spagat: Denn obwohl er ihnen ihre Identität und das Recht auf Heimat abspricht, schob Huckabee im Gespräch mit All Israel News hinterher: »Palästinenser verdienen ein Höchstmaß an Respekt« und legte nach: »Menschenrechte kennen keine Grenze, keine Ethnie, keine Religion«. Es gebe »wunderbar integrierte Palästinenser«, die auf israelischem Gebiet lebten.
Insgesamt 14 Vertreter evangelikaler Gruppen trommelte Huckabee nun für das Treffen mit Netanyahu zusammen. Darunter sein Amtskollege: Israels neuer Botschafter in den USA ist mit Yechiel Leiter ein gebürtiger US-Amerikaner, der als Jugendlicher nach Israel auswanderte, sich als Rabbi weihen ließ, zeitweise in der rechtsextremen »Jüdischen Verteidigungsliga« von Meir Kahane aktiv war, und seit drei Jahrzehnten prominenter Teil der Siedlerbewegung ist. Mit dabei war auch Leiters Vorgänger: Ron Derner leitete zwischen 2013 und 2021 die israelische Botschaft in Washington und wechselte danach als Minister für strategische Angelegenheiten ins Kabinett Netanyahu.
Auch Vertreter sogenannter Megachurches nahmen an dem Meeting mit Netanyahu teil. Zu den bekanntesten gehört ein langjähriger Vertrauter Huckabees: Der Fernsehprediger John Hagee ist zugleich Gründer der Lobbyorganisation »Christians United For Israel«, die nach eigenen Angaben zehn Millionen Mitglieder zählt und um Spenden zugunsten israelischer Siedlungen wirbt.
Was in der Kooperation zwischen israelischen Zionisten und amerikanischen Evangelikalen häufig unerwähnt bleibt, ist was nach der messianischen Rückkehr geschehen soll
Trotz seiner teils seit Jahrzehnten kultivierten Netzwerke in den USA wie in Israel lässt sich Mike Huckabees tatsächlicher Einfluss auf die Nahost-Politik der Trump-Regierung schwer beziffern. »Ich stelle die Regeln nicht auf, sondern führe aus, was der Präsident anordnet«, betonte Huckabee jüngst im Interview beim israelischen Armeeradio Galei Tzahal.
Tatsächlich nahmen Personen mit ähnlichen Ansichten zu Nahostkonflikt und Zweistaatenlösung auch während der ersten Amtszeit von Donald Trump wichtige Posten ein. Huckabees Vorgänger David Friedman (2017-2021) etwa trieb zwar erfolgreich den Umzug der US-Botschaft nach Jerusalem voran, dennoch: Die schon damals befürchtete Annexion des Westjordanlandes mit US-Unterstützung blieb aber aus.
Diesmal sehen die Rechtsextremen im Kabinett Netanyahu die US-Reise ihres Premiers und die folgenden Statements aber als Rückendeckung: Finanzminister Bezalel Smotrich hat die ihm unterstehenden Behörden bereits angewiesen, sich genau auf diesen Schritt vorzubereiten.
Die eschatologisch-evangelikale Theologie der US-amerikanischen Verbündeten der religiösen Rechten in Israel stellt die Endzeitprophezeiungen und Rückkehr Jesu Christi in den Vordergrund. Dieser vorangestellt ist die massenhafte Rückkehr von Juden nach Israel. Was in der Kooperation zwischen israelischen Zionisten und amerikanischen Evangelikalen häufig unerwähnt bleibt, ist was nach der messianischen Rückkehr geschehen soll: Israel solle Jesus als Messias anerkennen.