Jemens Präsident Hadi tourt durch die Hauptstädte der Welt, um Hilfsgelder für seinen gebeutelten Staat zu organisieren. Während die amerikanischen Drohnenangriffe fortlaufen, birgt auch die jüngste Geberkonferenz keine Vision für das Land.
Man hätte große Hoffnungen in diese Konferenz setzen können: Ein Befreiungsschlag, ein Ausbruch aus der wirtschaftlichen Lethargie und ein Vertrauensbeweis für die neue jemenitische Regierung hätte die internationale Geberkonferenz für den Jemen Anfang dieser Woche im saudi-arabischen Riad sein können.
Doch daran schienen nicht einmal die Verantwortlichen der Weltbank zu glauben. Sechs Milliarden US-Dollar wolle man für die Zeit bis 2014 auftreiben, so Wael Zakout, Jemen-Beauftragter der Organisation. Dass Saudi-Arabien, der Golfkooperationsrat, die USA und Großbritannien schließlich sogar 6,4 Milliarden Dollar bereitstellten, kann nicht über den Umstand hinwegtäuschen, dass die Mehrheit der westlichen Staaten dem ärmsten arabischen Staat gleichgültig gegenübersteht. Dem Treffen in der saudischen Hauptstadt fehlte eine Vision.
Betrachtet man, welche Hilfen Sanaa zugesagt wurden, so erwecken sie den Eindruck, dass lediglich der laufende Betrieb des politischen Experiments »demokratisches Jemen« garantiert werden solle. 2,2 Milliarden Dollar, rund ein Drittel der Gelder, sind Öllieferungen des nördlichen Nachbarn Saudi-Arabien.
Zwar produziert der Jemen ausreichend Öl und Gas für den eigenen Bedarf, seit der Revolution hat das Land jedoch mit andauernden Anschlägen auf seine Öl-Industrie, insbesondere Pipelines, zu kämpfen und ist inzwischen auf ausländische Hilfe angewiesen. Für das wahhabitische Königreich ist es kein nennenswerter Aufwand, dem Nachbarland, der für es nur selten ein gleichberechtigter politischer Partner war, einige Millionen Barrel zur Verfügung zu stellen.
Deutsche Hilfsgelder vergammeln
Ein vor der Konferenz veröffentlichtes Dossier der Weltbank wies abermals auf die drängendsten Probleme des Landes hin: Inzwischen liegt die Rate der Unterernährung für Kinder bei über 50 Prozent, die Jugendarbeitslosigkeit bei mehr als 40 Prozent, gleichzeitig wachse die Bevölkerung um 3,1 Prozent jährlich.
Zur gleichen Zeit weiten die USA ihre Drohnenangriffe auf Islamisten deutlich aus: Allein innerhalb der vergangenen zwei Wochen starben mehr als 30 Personen, berichtet das US-Magazin Wired. Darunter sind auch zehn Zivilisten, die vergangenen Sonntag getötet wurden. Seit Beginn der aktuellen Militärkampagne Anfang 2011 starben laut dem Fachblog Long War Journal 274 Personen.
Im Mai 2012 berichtete die New York Times, das Pentagon zähle alle männlichen Personen im Alter zwischen 17 und 62 Jahren, die durch solche Bombardements ums Leben kommen, als feindliche Kämpfer. Die katastrophale Sicherheitslage in weiten Teilen des Jemen ist einer der Gründe für die Zurückhaltung der Weltgemeinschaft, eine Perspektive, auf Gewalt präventiv oder reaktiv zu reagieren, gibt es schlichtweg nicht.
In vielen Fällen werden Hilfskräfte und NGO-Mitarbeiter selbst Ziel militanter Gruppen – die islamistische Hizb al-Tahrir kritisierte laut dem iranischen Staatssender PressTV die Konferenz in Riad als »westliche Verschwörung« und »Versuch, ein kapitalistisches System im Jemen einzuführen«. Auf zenith-Anfrage teilte das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) mit, dass aus früheren Zusagen noch Hilfsgelder »in dreistelliger Millionenhöhe« vorlägen, die wegen der politischen Unruhen nicht eingesetzt werden konnten.
Im November 2011 habe man dem Jemen insgesamt 93 Millionen Euro zugesichert, um den demokratischen Wandel zu unterstützen und Arbeitsplätze zu schaffen. Im Rahmen deutsch-jemenitischer Regierungsvereinbarungen wurden diesen Juli zusätzliche 17 Millionen Euro bereitgestellt. Ende September hat Jemens Präsident Abd Rabbo Mansour Hadi indes eine weitere Chance, um Unterstützung für seinen Staatshaushalt zu werben, wenn er auf Staatsbesuch in der US-Hauptstadt Washington eintrifft.
In New York wird er zudem der jährlichen UN-Generalversammlung beiwohnen. Bislang haben die USA in diesem Jahr 337 Millionen Dollar bereitgestellt.