Ägyptens Kommission hat entschieden – und eine Revision gegen den Ausschluss von 10 Kandidaten abgewiesen. Nun haben zwei Bewerber die besten Chancen auf die Präsidentschaft – wenn die Wahlen denn wirklich stattfinden.
Das Feld der Präsidentschaftskandidaten hat sich entschieden gelichtet. Letzten Samstag entschied die Wahlkommission, dass 10 Kandidaturen ungültig sind, darunter drei der aussichtsreichsten Bewerber. Es verbleiben nun 13 Kandidaten, die es geschafft haben, die 30.000 Unterschriften zu sammeln oder die Unterstützung von 30 Parlamentariern zu gewinnen, eine Frau ist nicht darunter. Die neuen Favoriten sind nun der ehemalige Muslimbruder Aboul Fotouh und der ehemalige Präsident der arabischen Liga und langjährige Außenminister Amr Moussa. Amr Moussa, der Außenminister unter Mubarak und danach Vorsitzender der Arabischen Liga war, gilt zwar als erfahrener und durchaus beliebter Politiker, nicht aber als Mann der Revolution.
Während der Tage im Februar 2011 versuchte er zu vermitteln und das alte Regime zu reformieren, um den Sturz Mubaraks zu verhindern. Auch danach hielt er sich mit Kritik am Militärrat zurück und betonte die wichtige Rolle des Militärs für die Stabilität Ägyptens. In der Bevölkerung beliebt ist der 75-Jährige vor allem wegen seiner großen politischen Erfahrung. Anhänger sehen in Moussa vor allem einen Kandidaten, der eine Machtübernahme der Islamisten verhindern kann und als erfahrener Politiker für die nötige Stabilität sorgt. Kritiker werfen ihm vor, Vertreter des alten Regimes und Opportunist zu sein, da er schließlich ganze 10 Jahre lang Außenminister unter Mubarak war.
Aboul Fotouh hingegen gilt als Kandidat der Revolution, er äußerte sich von Anfang an kritisch dem Militärrat gegenüber und fordert einen gänzlichen Rückzug des Militärs aus der Politik. Er war einer der ersten, der im letzten Jahr seine Ambitionen für die Präsidentschaft bekannt gab, und wurde unter anderem deswegen aus der Muslimbruderschaft ausgeschlossen. Er gilt als moderater Islamist und möglicher Kompromisskandidat von Islamisten und Liberalen und Linken, von einigen wird er bereits als »Erdogan Ägyptens« gefeiert. Bekannt wurde der langjährige Regimekritiker als Gewerkschafter in der einflussreichen Ärzte-Gewerkschaft und als Gründungsmitglied der Oppositionsbewegung »Kefaya«.
40 Prozent der Wähler sind noch unentschlossen, wen sie wählen werden
Außer dem in letzter Minute nominierten Muhammad Mursi von den Muslimbrüdern ist er der einzige verbleibende islamische Kandidat. Da Mursi als Mann ohne Charisma gesehen wird und die Muslimbrüder durch taktische Spielchen in der verfassungsgebenden Versammlung viel Vertrauen der Wähler verspielt haben, gilt Fotouh als Favorit des islamistischen Lagers. Entscheidend wird sein, für wen die Anhänger des nun disqualifizierten Abu Ismail stimmen werden. Abu Ismail, der aussichtsreiche Kandidat der ultrakonservativen Salafisten, war wegen des amerikanischen Passes seiner Mutter von der Wahl ausgeschlossen worden. Sollten tatsächlich viele seiner Anhänger für Fotouh stimmen, hätte er gute Chancen auf den Sieg.
Für die Linke kandidieren Khaled Ali und Hamdeen Sabahi. Khaled Ali, ein relativ junger Gewerkschafter, der von vielen Jugendgruppen der Revolution, sowie vom bekannten Schriftsteller Alaa Al-Aswany und von Friedensnobelpreisträger Mohamed El Baradei unterstützt wird, gilt jedoch als Außenseiter. Auch der links-nationale Kandidat Hamdeen Sabahi, Vorsitzender der nasseristischen Partei »Karama«, dessen Programm an den Ideen des früheren Präsidenten Gamal Abdel Nasser orientiert ist, dürfte wenig Chancen haben. Seit einigen Wochen gibt es jedoch Spekulationen über ein mögliches Bündnis von Aboul Fotouh und Hamdeen Sabahi, gestützt von Mohamed El Baradei.
Als Kandidaten der Revolution wollen sie sowohl für säkulare als auch für moderat islamische Wähler attraktiv sein, um so einen Wahlsieg von Vertretern des alten Regimes zu verhindern. Ob an diesen Gerüchten was dran ist oder nicht, der Wahlkampf wird spannend bleiben. Schließlich sind laut einer aktuellen Umfrage der Tageszeitung Al-Masry Al-Youm knapp 40 Prozent der Wähler noch unentschlossen, wen sie wählen werden. Etwas anderes jedoch bewegt die Wähler in diesen Tagen viel mehr: Der Vorsitzende des Militärrats Tantawi hat angekündigt, dass es ohne eine neue Verfassung auch keine Präsidentschaftswahlen geben wird. Erst die Verfassung, dann die Wahl, lautet seine Devise. Angesichts der seit Wochen andauernden Krise bei der Zusammensetzung der verfassungsgebenden Versammlung ist allerdings kaum vorstellbar, dass die neue Verfassung bis Mitte Mai verabschiedet werden wird.