Lesezeit: 6 Minuten
Saddam Hussein und der Irak

Nebukadnezars Erbe

Portrait

Als Ordner und Modernisierer begann er, als Inbegriff von Skrupellosigkeit und Brutalität endete er: Saddam Husseins Gewaltherrschaft hinterließ einen verwüsteten Irak.

Er verglich sich gerne mit den Allergrößten, sah sich in einer Reihe mit Herrschern wie Saladin oder dem babylonischen König Nebukadnezar II. Selbst Ali war nicht sicher vor den Nachstellungen Saddam Husseins: Der irakische Präsident ließ sich einen Stammbaum konstruieren, der bis zu dem Cousin und Schwiegersohn des Propheten Muhammad und Begründer der Schia zurückreichte. Auf Wandmosaiken und Triumphbögen feierte Hussein seine Herrschaft.

 

Doch so farbenfroh seine Propaganda daherkam, so düster sah der Alltag der Iraker aus. Während der von Hussein begonnene und vom Westen unterstützte Krieg mit Iran, der von 1980 bis 1988 andauerte und bis zu einer Million Opfer forderte, den Irak finanziell ruinierte, machte der Angriff auf Kuwait 1990 das Land zum international geächteten Schurkenstaat – und Saddam zu dessen Inkarnation.

 

Im folgenden Golfkrieg – von ihm zur »Mutter aller Schlachten« verklärt – spielte Hussein mit arabisch-nationalistischer Rhetorik und Raketenangriffen auf Israel gekonnt auf der emotionalen Klaviatur vieler Araber. Im eigenen Land regierte er mit roher Gewalt; allein bei einem Giftgas-Angriff auf die kurdische Stadt Halabdscha 1988 starben etwa 5.000 Menschen. Auch unter den jahrelangen Wirtschaftssanktionen litt am meisten die Bevölkerung, während der Diktator sich über seine Geheimdienste eisern an die Macht klammerte. Am Ende gelang es ihm aber nur noch mit Mühe, das kurdisch-sunnitisch-schiitische Staatsgebilde zusammenzuhalten: Hussein suchte die Unterstützung der Stämme und setzte sogar auf den Islam als einigendes Band.

 

»Der Irak ist nichts ohne Saddam«

 

Ideologische Ambitionen waren da längst verloren gegangen. 1968 kam die sozialistische Baath-Partei an die Macht, ein Jahr später wurde der 32-jährige Saddam Hussein Vizepräsident. Er verstaatlichte die Erdölindustrie und baute mit dem Geld den Sozialstaat aus. 1979 übernahm Hussein das Präsidentenamt. Widersacher schaltete er zeit seines Lebens skrupellos aus – selbst aus der eigenen Familie: Als seine beiden Schwiegersöhne 1995 nach Jordanien flohen, verzieh Hussein ihnen vorgeblich.

 

Zurück im Land, wurden sie umstandslos hingerichtet. Während die internationale Koalition 1991 noch davor zurückgeschreckt war, Hussein zu stürzen, hatte sich die Lage ein Jahrzehnt später geändert: US-Präsident George W. Bush forderte einen Regimewechsel. Gefälschte Beweise über die Existenz von Massenvernichtungswaffen lieferten 2003 nach zähem diplomatischen Ringen den Vorwand für den Einmarsch, der mit einem schnellen Sieg über die regulären Truppen endete.

 

Saddam Hussein selbst wurde Monate später in seinem Versteck gefasst. Am 30. Dezember 2006 vollstreckte die neue irakische Regierung das Todesurteil gegen ihn. Der Ex-Präsident starb »wie ein einfacher Krimineller« am Strang und nicht, wie er es gewünscht hatte, durch Erschießen. Ruhiger gemacht hat sein Tod den Irak nicht.

Von: 
Christian Meier

Banner ausblenden

Die neue zenith 02/2022 ist da: Reise zum Mittelpunkt der Erde

Reise zum Mittelpunkt der Erde

Die neue zenith ist da: mit einem großen Dossier zur Region Persischer Golf und überraschenden Entdeckungen. Von Archäologe über Weltpolitik und Wattenmeer zu E-Sports und großem Kino.

Banner ausblenden

Newsletter 2

Der heiße Draht

Frische Analysen, neue Podcast-Folgen, exklusive Einladungen zu Hintergrundgesprächen und Werkstattberichte: Jeden Donnerstag erhalten tausende Abonnenten den zenith-Newsletter. Sie  wollen auch auf dem Laufenden bleiben? Dann melden Sie sich hier kostenlos an.

Banner ausblenden

WM Katar

So eine WM gab es noch nie

Auf 152 Seiten knöpfen sich Robert Chatterjee und Leo Wigger alle wichtigen Fragen rund um die erste Fußball-WM in einem arabischen Land vor.