Fatma Said ist eine weltweit gefeierte Sopranistin. Sie will, dass ihre Heimat Ägypten wieder zur Opernnation wird. Hilft dabei die Corona-Krise?
Umm Kulthum ist als Emblem ägyptischer Musik weit über die Staatsgrenzen Ägyptens hinaus bekannt – nun versucht eine junge Frau, in die Fußstapfen der Sängerin zu treten. Ein wenig zumindest. Fatma Said will das ägyptische Volk von sich überzeugen, aber geht das als Opernsängerin, die vor allem auf europäischen Bühnen steht?
Zu Beginn stehen ihrer Karriere sowohl die eigenen Eltern als auch die Ägypter mit gemischten Gefühlen gegenüber. Erst als sie beginnt, auf Arabisch zusingen, erfährt sie in ihrem Heimatland Anerkennung. Den Weg zur internationalen Karriere scheint Said ohne Probleme zu meistern: Nach einem Abschluss an der Hanns-Eisler-Musikhochschule in Berlin erhält sie ein Stipendium der Accademia del Teatro alla Scala in Mailand, inzwischen tritt sie in fast allen großen Opernhäusern Europas auf. 2020 erscheint ihr erstes Solo-Album »El Nour«(»das Licht«).
Zum ersten Mal kommt die 1991 in Kairo geborene Said während ihrer Schulzeit an einer deutschen Auslandsschule in Berührung mit klassischer Musik. Dort beginnt ihr Traum, Opernsängerin zu werden. Dafür brauche es einen eisernen Willen, sagt die Sopranistin im Gespräch mit zenith, der gesamte Lebensstil müsse an das Singen angepasst werden. Ein Großteil des Publikums wisse gar nicht, wie aufwendig die Vorbereitung sei, gesanglich, stimmlich und textlich.
»Ich bin nicht Mo Salah«
An Saids Hals baumelt eine Kette in Form des afrikanischen Kontinents – Ägypten ist darauf mit einem Stein markiert. Bereits zu Beginn ihrer Karriere hat sie ihre Stimme eingesetzt, um Bewusstsein zu schaffen für politische Umwälzungen in ihrer Heimat. 2011 singt sie das Lied »The Day When the People Changed« über die ägyptische Revolution, für das Teatro San Carlo in Neapel hat sie eine musikalische Aufarbeitung des Arabischen Frühlings für Kinder erarbeitet.
Said hat sich entschieden, nur das zu singen, wofür ihr »Herz brennt«. Das führt zu einer interessanten Mischung an Genres, Komponisten und Sprachen in ihrem Repertoire. Dort tummeln sich neben Mozart und Gershwin Werke von französischen und arabischen Komponisten.
Die Opernwelt hat sie erobert, sie will aber auch in Ägypten bekannter werden – auch wenn ihr Lebensmittelpunkt inzwischen Berlin ist. Natürlich sei sie nicht so berühmt wie der Fußballstar Mo Salah, sagt die Sopranistin. Aber sie hat sich vorgenommen, klassische Musik wieder für alle zugänglich zu machen.
Dabei helfen ihr die sozialen Medien und die Corona-Pandemie. Denn wenn ihre Auftritte wie beim Concert de Paris am französischen Nationalfeiertag per Livestream in die ganze Welt übertragen werden, dann können auch die Menschen in Ägypten an ihrem Erfolg teilhaben, nicht zuletzt ihre Eltern.
2016 erhielt Said vom ägyptischen Nationalrat für Frauen einen Ehrenpreis für ihren internationalen Erfolg. Eine besondere Ehre sei die anschließende Verleihung des Kreativitätspreises Ägyptens gewesen – zum ersten Mal wurde er an eine Opernsängerin vergeben. »Es hat dem ganzen Volk gezeigt, wie wichtig Musik ist.« Aufmerksamkeit ist ihr wichtig, das betont Fatma Said gegenüber zenith mehrfach. Bis jetzt ist sie nur einer Nische der ägyptischen Kulturszene bekannt. Operngesang spricht nun mal nicht alle Schichten der Gesellschaft an. Dennoch gibt sie ihr Ziel nicht auf: das Bild im Kopf zu werden, wenn Ägypter an Sängerinnen denken.