Eine Chemiefabrik im Rheinland steht im Zentrum der omanischen Wirtschaftsstrategie. Bei Oxea sollen Azubis aus dem Sultanat in die Lehre gehen – und in ihrer Heimat bald einen neuen Industriezweig aufbauen.
Dem Gegenüber ins Gesicht blicken und grüßen, wenn man jemanden auf der Straße trifft – oder lieber nicht? Eine Überlegung, die Ali Al-Lawati von seinen ersten Begegnungen in Deutschland kennt. Denn während zu Hause in solchen Fällen ein freundliches »Salam« ausgesprochen wird, schauen hierzulande die Menschen eher weg oder schweigen erst einmal. Das war eine neue Erfahrung für den 25-Jährigen, der an der Sultan-Qabus-Universität in Maskat, der Hauptstadt Omans, studiert hat. Rund 7.000 Kilometer liegen zwischen dem Rheinland und dem Sultanat am Golf.
Seit einem Jahr arbeitet der Araber als einer von acht omanischen Trainees bei dem Chemieunternehmen Oxea in Monheim am Rhein. Es gehört zu 100 Prozent zu Oman Oil, einem Staatsunternehmen des Sultanats. Lawati möchte vor allem mehr über die Themen Controlling und Auditing lernen, denn das ist jetzt schon seine Aufgabe. »Wir überprüfen Vorgänge innerhalb des Unternehmens, schauen, ob alles reibungslos läuft«, sagt Majid Al-Mashari, der zusammen mit Ali Lawati im Rahmen des Austauschprogramms zwischen Oman und Deutschland arbeitet. Die beiden schicken ihre Berichte auf die arabische Halbinsel, wo die Verantwortlichen von Oman Oil Tochtergesellschaften wie Oxea verwalten.
Es mag abgedroschen klingen, aber Tugenden wie Disziplin und gewissenhaftes Arbeiten bescheren Deutschland noch immer ein hohes Ansehen und haben Vorbildcharakter. Es gilt als Kompliment, wenn von einem omanischen Kollegen erzählt wird: »Er hat nach seiner Rückkehr alles zwei Mal gecheckt, bevor er dem Ergebnis getraut hat.«
Zunächst »nicht gerade überschwänglich« – so hat Majid Al-Mashari die Menschen auch in seinem privaten Umfeld im rheinischen Düsseldorf erlebt. »Es braucht Zeit, um ihnen nahe zu kommen. Doch wenn sie dann zu Freunden werden, nehmen sie dich mit, integrieren dich, erzählen dir private Dinge. Was für eine Überraschung für mich, dass die Distanz überwunden werden kann. Ich akzeptiere es aber natürlich auch, wenn jemand Abstand halten möchte.«
Die chemischen Verbindungen werden zur Herstellung von Kosmetika, Schmiermitteln oder Oberflächenbeschichtungen verwendet.
Kein Wunder, möchte man aus deutscher Sicht sagen – denn ähnlich erleben wir die Omanis. Im Gespräch öffnen sich die jungen Männer, laden großzügig in ihre Häuser ein und scherzen viel und gern. Doch wenn darüber geschrieben und das Ergebnis veröffentlicht werden soll, tritt vorsichtige Zurückhaltung zutage – schließlich könnte man missverstanden werden oder zu tiefe Einblicke gewährt haben.
2013 erwarb Oman Oil das Unternehmen Oxea – aus strategischen Gründen. Der Investor Advent International hatte die Verbindung über ein paar Jahre hinweg vorbereitet, Oman Oil gab 1,8 Milliarden Euro als Mitgift (siehe Infokasten). »Öl- und Gasvorkommen spielen in Oman immer noch eine große Rolle, und wir wollten mehr in den Downstream investieren – das bedeutet: in die Stufen, die die Rohstoffe nach der Förderung durchlaufen.