2008 trafen sich vier junge Männer während des Fastenmonats in einer Berliner Moschee. Sie träumten vom Dschihad in Waziristan. Drei von ihnen machten später Schlagzeilen – aber es hätte für sie alle schlimmer kommen können.
Es war fast wie im Dschihad, sagt Stefan. Graffitis an die Häuser sprühen, das musste schnell gehen, die Truppe musste gut trainiert sein, präzise operieren. Auf den anderen achtgeben und den Mund halten, wenn die Zivilstreife einen schnappt. Als Stefan Ende der 1990er Jahre mit seinen Freunden im Berliner Bezirk Pankow nachts um die Häuser zog, wusste er mit »Dschihad« noch wenig anzufangen. Aber das illegale Sprayen war ein Abenteuer, Subversion gegen eine Gesellschaft, die ihm nichts Böses getan hatte, aber ihn langweilte bis zum Verrecken. Heute ist Stefan nachdenklich. Jung genug, um an der Universität, wo er Islamwissenschaft studiert, nicht aufzufallen. Dass die Zentralheizung in der Wohnung abgedreht wurde und er im Winter Briketts verheizt, hat technische Gründe.
Die Rechnung hätten er und seine Frau immer pünktlich bezahlt, sagt er. Stefan hat blonde Haare und seit er aufgehört hat, sich täglich mit Marihuana zu betäuben, sind seine stahlblauen Augen auch wieder klar. Natürlich heißt Stefan nicht Stefan. Er hat einen anderen deutschen Vornamen. »Wäre ich damals, nach diesem Ramadan 2008, nicht ausgestiegen, wäre ich heute wohl woanders«, sagt er. Die »Brüder« jener Gruppe, der Stefan sich im Ramadan 2008 anschließen wollte, wären beinahe Märtyrer geworden. Helden des Dschihad, was sie sich wohl einfacher vorgestellt hatten. Ihre Namen stehen in Zeitungen und Ermittlungsakten. Seiner nicht. Und dabei, so wünscht sich der 26-jährige Stefan, soll es auch bleiben.
Seine Zigaretten kauft Stefan wie die meisten Raucher in Berlin-Kreuzberg, bei einem türkischen »Spätkauf« an der Ecke. Aber in der einstigen, subventionsgestützten Frontstadt Berlin steht eine große Fabrik des Tabakkonzerns Philip Morris. Ein brauner Stahlzaun sichert sie im Bezirk Neukölln. Gleich daneben steht die Al-Nur-Moschee – eine der bekanntesten und berüchtigten Moscheen der Bundesrepublik, in der auch Stefans kurzes Abenteuer mit dem Dschihad begann. Rauchen, so sagen die salafistischen Prediger, denen er früher zugehört hat, sei »Selbstmord auf Raten«. Und zwischen Selbstmord und dem Martyrium liegen in der Logik der Salafisten Welten, wie man Dank vieler Medienberichte seit dem 11. September 2001 auch in Deutschland weiß.
Als Stefan zum ersten Mal mit Salafisten in Berührung kam und sich vor der Moschee eine Zigarette anstecken wollte, erntete er vorwurfsvolle Worte. »Am besten gewöhnst du dir das Rauchen ab«, sagte einer, »wenn du mit uns die letzten zehn Tage des Ramadans verbringst.« Schlafsack, Isomatte, Handtuch und Kulturbeutel – äußerlich unterschieden sich die Utensilien, die er zu jenem Beisammensein mitbrachte, kaum von denen eines Kirchentagteilnehmers. Manche frommen Muslime bleiben in den letzten zehn Tagen des Ramadans Tag und Nacht in der Moschee, bis der Mond wieder erscheint. In den meisten muslimischen Familien wird nach dem täglichen Fastenbrechen im Fernsehen eine Ramadan-Serie angeschaut. Stefan und seine »Brüder« wollten den Koran studieren und so viel wie möglich beten.
Moscheegemeinden-Hopping« nennen das Experten
Über die psychologische Disposition und die Motive junger Deutscher, sich einer radikalen Strömung des Islams anzuschließen, wird viel geschrieben und inzwischen auch geforscht. Die landläufigen Erklärungsmodelle: Haltsuche, Verzweiflung angesichts einer immer komplexer werdenden Welt, Entfremdung, Abenteuerlust, eine kaputte Familie, mangelnde Intelligenz oder einfach Langeweile.
»Ich hatte damals keine rationalen Argumente für den Islam, eher dagegen«, sagt Stefan. Heute hat er es eher mit Platon und Aristoteles, die in der islamischen Welt einmal stärker rezipiert wurden als in Europa. Bevor Stefan zu den Salafisten kam, las er die Werke von Carl Gustav Jung und Hare-Krishna-Gurus. Manchmal sammelte er Spenden für die Johanniter. Weder mit der Philosphie noch mit seelischen Tiefen und Untiefen konnten Stefans Brüder in der Al-Nur etwas anfangen. Sie hatten, so schien es ihm im Ramadan 2008, den Sinn längst gefunden. Stefan war skeptisch: Was dachten sie über die Anschläge von New York? Und über die Rolle der Frau in der islamischen Gesellschaft?
»Meine Eltern hätten es lieber gesehen, wenn ich mich als schwul geoutet hätte«, sagt Stefan. Schwule seien wenigstens ganz normale Menschen. Seine Großmutter fand, dass der Islam nicht deutsch genug sei, ein Deutscher also nicht Muslim sein könne. Stefan entgegnete, dass man als Deutscher heute nicht mehr deutsch sein könne – der Widerspruch war damit aufgelöst. Der Schritt von Hare Krishna zu den Salafisten, von der Esoterik zum saudischen Puritanismus, scheint gewaltig. Aber es gab eine Zwischenstufe. Ein Bekannter erzählte Stefan von einer Sufi-Gemeinde im Wedding. Stefan ging dorthin, nicht weil er Mystik suchte, sondern weil sie die einzige von fast 200 Berliner Moscheevereinen war, die er damals kannte.
Bei den Sufis konvertierte Stefan, aber die Gesänge und das Suchen in sich selbst waren zu nah an dem, was er schon hinter sich hatte. Wie viele Konvertiten nutzte Stefan das vielfältige Angebot und kam irgendwann zur Al- Nur: »Moscheegemeinden-Hopping« nennen das die Experten. Die Weddinger Sufis würden sich wohl gegen den Vorwurf wehren, Stefans Radikalisierung habe bei ihnen begonnen. Islamkritikern mag Stefans Weg als Beleg dafür gelten, dass jede Strömung des Islams, wie friedliebend und tolerant sie auch sein mag, als »Einstiegsdroge« dient. Für Alican T. und Hani N., die Stefan in der Al-Nur-Moschee kennenlernte, sind Sufis nicht nur esoterische Spinner, sondern Menschen, die sich in gefährlicher Nähe zum Unglauben, dem »Kufr«, befinden.
Warum sollte man eine verborgene Offenbarung suchen, wenn alles, was Gott den Menschen wissen lassen will, im Koran steht? In der Al-Nur-Moschee hatte die Gruppen ihre selbst geschaffene VIP-Zone. »Neben dem Eingang auf der rechten Seite hatten sie blaue Gardinen zwischen den weißen Säulen aufgespannt«, erinnert Stefan sich. Dort seien – was als untypisch für Moscheen gelte – auch »heikle Themen« besprochen worden. Das verschwörerische Gebaren war nicht nur dem Umstand geschuldet, dass sie die Spitzel des Verfassungsschutzes in der Nähe wähnten. Auch gewöhnliche Gläubige, die nur in die Al- Nur-Moschee kamen, weil sie zufällig in der Nähe war, sollten nicht mithören. »Für die krassen Jungs ist die Al-Nur zu liberal«, heißt es unter Eingeweihten.
Dem einen oder anderen in der Ramadan- Truppe wurden die zehn Tage lang. »Am Schluss waren wir nur vier Leute«, sagt Stefan, »und Hani harrte bis zum letzten Tag mit uns aus«. Hani N. besaß den Spitznamen »Doktor« – keine Floskel der arabischen Höflichkeitskultur, die aus jedem Mechaniker einen »Ingenieur« und aus jedem Brillenträger einen »Professor« macht. Hani hatte einige Semester Medizin an der Humboldt-Universität studiert. »Er hat mir immerhin Grippostad C besorgt, als ich erkältet war«, erinnert sich Stefan an den gelockten, sympathischen Gesellen.
In jeder noch so verschworenen Männergemeinschaft gibt es welche, die weniger mitziehen als andere. Ein Wochenende mit dem Kegelclub kann ein Vergnügen sein, aber danach verspürt man wechselseitigen Verdruss. Im engen Kreis potenzieren sich die starken Seiten mancher Männer, aber auch die schlechten Eigenschaften nimmt man ungefiltert wahr. Und irgendwann lässt sich kaum noch unterscheiden, ob die gleichen Verhaltensweisen »Codes« sind oder ob man sich gegenseitig imitiert. Bärte, Häkelmützen und Gewänder sind nur oberflächliche Merkmale. Aber auch die Redewendungen der Ramadan-Boys wurden immer ähnlicher.
Und, was Stefan auffiel, die Selbstgewissheit und Überheblichkeit mancher Brüder. »Die oberlehrerhaften Posen, das Prahlen mit guten Taten«, so sagt Stefan, fingen an, ihm auf den Geist zu gehen, auch wenn dies seine zunehmende Begeisterung für den bewaffneten Dschihad nicht beeinträchtigen konnte. Sie schwärmten vom Schlachtfeld Waziristan, wo man den Islam gegen Amerika, das Imperium des Unglaubens, verteidigen würde. Fathi schien noch etwas selbstkritisch: Er habe Angst, wenn es hart auf hart kommt, ein »Mushrik« zu werden – jemand, der Gott andere Götter beigesellt. Denn ein »Mushrik« sei auch einer, der etwas anderes als Allah fürchte: Drohnen, US-Truppen, den Tod.
Wer selbst auf dem Schlachtfeld für den Dschihad noch fürchtet, aus Angst zum Ungläubigen zu werden, der hat offenbar hohe Ansprüche an sich selbst. »Es wäre cool, wenn ich auch in Waziristan wäre«, dachte Stefan damals. Aber er begriff wohl, dass dieses Waziristan eine eher mythische Alternative zu einem bürgerlichen Leben war. »Für mich blieb dieser Dschihad eine romantische Phantasie«, sagt er.
Wer schon im Stadium der ersten Begeisterung über den Tatbestand der Romantik reflektiert, ohne den Traum zu leben, scheint eher nicht geeignet für Waziristan. Hatte Stefans Oma am Ende doch recht, dass ein »Deutscher« nicht aus seiner Haut schlüpfen und »Mudschahid« werden kann? Der Ramadan in der Al-Nur endete für Stefan wieder einmal mit zu vielen Fragen. Und das konnte er nicht gebrauchen. Seine Brüder Alican T., Fathi K. und »Doktor« Hani waren da schon weiter. Viel spricht dafür, dass die Ramadan-Boygroup dschihadistischen »Talent-Scouts« auffiel. Wer zuerst Kontakte zu internationalen Netzwerken hatte und die anderen mitzog oder ob sie unabhängig voneinander weitermachten, ist noch nicht bekannt.
Auch Stefan, der die Brüder nach dem Ramadan 2008 aus den Augen verlor, sagt, er wisse es nicht. »Moscheen sind eine erste Anlaufstelle für Talent-Scouts«, sagt ein Insider, der sich Abdullah nennt und bis vor Kurzem ebenfalls in der Al-Nur-Moschee verkehrte. Allerdings finde die Rekrutierung junger Männer nicht mehr in den Moscheen statt. Der Chef-Prediger der Neuköllner Moschee, Abdul Adhim, sei überzeugten Dschihadisten »zu europäisch«. Er predige auf Deutsch und sage zu Konvertiten Sätze wie: »Gib Frauen die Hand, wenn du das schon immer so gemacht hast«. Da höre für die Radikaleren der Spaß nun wirklich auf. Sie glaubten nicht daran, dass Abdul Adhim – wie etwa bei einer Veranstaltung zu »Jugend und Gewalt« am 11. September 2011 – Anschläge nur ablehne, um den Verfassungsschutz zu täuschen.
»Für Talent-Scouts ist der Markt in Neukölln tot«, sagt Abdullah. Es sei denn, man werde zu einem Hauskreis eingeladen – wie er selbst irgendwann: in eine Mietwohnung am U-Bahnhof Kottbusser Tor. »Du kannst ein Jahr lang jeden Tag in die Al-Nur gehen und wirst niemals angesprochen. Du musst nachfragen, musst Interesse zeigen, aber am Ende reicht auch das nicht: Du brauchst einen Bürgen«, sagt er. Vermutlich fanden die Ramadan-Boys Fathi, Hani und Alican irgendwann einen solchen Bürgen. Die Berliner Hauszirkel sind keine Reisebüros für Dschihad-Touren, aber sie stellen die Kontakte her. Für den Weg in die erlauchteren Kreise führen manche Waziristan-Reisende sogar etwas mit, das im Zeitalter des Cyber-Dschihad sehr altmodisch wirkt: Polizeibeamte fanden bei einigen klassische Empfehlungsschreiben für die Ausbildungslager von Al-Qaida. Wer wichtig für die »Organisation« ist, kann auf eine Infrastruktur zurückgreifen – die Jungs der Ramadan-Boygroup waren es offenbar noch nicht. Sie versuchten es allein.
Alican verbreitete Videos und sammelte tapfer Spenden – auch in diesem Unternehmen fängt man unten an
Alican, 1989 in Berlin geboren, Kind einer achtköpfigen türkischen Arbeiterfamilie aus Neukölln, konnte sich das Vertrauen einiger Funktionäre des globalen Al-Qaida-Netzwerks erarbeiten. Von seinem Computer in Berlin aus, so ermittelte die Polizei, machte er »Medienarbeit« für die »Islamische Dschihad-Union« (IJU) und den daraus hervorgegangenen Zweig der »Deutschen Taliban Mudschahedin« (DTM). Mit dem kommerziellen virtuellen Angebot haben sich auch die Applikationen für den Dschihad vervielfältigt: Video und Audio für die Motivation, Chatforen für die Kommunikation. Zählten die Behörden 1998 in Deutschland ganze zwölf relevante Internetseiten für Dschihadisten, so waren es 2007 bereits 5.700.
Besonders vieler Zugriffe erfreuen sich derzeit www.millatu-ibrahim.com, www.salafime-dia.de oder www.ahlu-sunna.com. Aber dort ist der bewaffnete Dschihad eher Frontalunterricht – instruiert wird auf dem direkten Weg. Facebook, Twitter und Youtube gehören natürlich längst zum Standardwerkzeug. Alican verbreitete Videos und sammelte tapfer Spenden – auch in diesem Unternehmen fängt man unten an. Insgesamt, so heißt es in seiner Ermittlungsakte, schickte er mehrere Tausend Euro über Western Union, was sich anhand der Einzahlungsbelege nachvollziehen ließ, zu einem Mittelsmann in der Türkei, der damit für den Nachschub in Waziristan zu sorgen hatte.
Ausstehende Verbindlichkeiten mussten beglichen werden: für Waffen, aber auch für Opfertiere. Der Weg des Geldes war ein indirekter, Alicans Order nach Berlin soll allerdings direkt gekommen sein. Ahmed Manevbashi, der so genannte Emir der DTM war Alicans Leutnant in Waziristan. In einem Live-Chat fragte ihn der Emir später, ob Alican auch für etwas mehr bereit sei: ein Sprengstoffattentat in Deutschland. In der U-Bahn eine mit Nägeln und Eisenschrott besetzte Bombe zu zünden? Das war allerdings nicht so romantisch, wie Alican sich den Dschihad vorgestellt hatte. Dass er dem Emir einen Wunsch ausgeschlagen hatte, wollte er allerdings wettmachen: auf dem Landweg in den Iran fahren und sich dort über die wilde Grenze nach Pakistan schleusen lassen.
Als die Polizei zugriff, fand sie in seinem Gepäck auch deutsche Wohlfühlkost
Er versuchte es, stand allerdings längst im Visier der Polizei. Als die Beamten ihn am 13. Februar 2010 am Münchener Hauptbahnhof hochnahmen, fanden sie in seinem Marschgepäck vier Flaschen Maggi und Gummibärchen ohne Schweinegelatine. Dieses Detail ging auch deshalb durch die Medien, weil man herausfand, wer bei Alican die deutsche Wohlfühlkost bestellt hatte: der Konvertit Eric Breininger, der es nach Waziristan geschafft hatte. Breininger starb zwei Monate später. Alican wurde der Prozess gemacht. Fathi, der dritte Bruder aus der Gruppe, schaffte es 2009 zunächst bis in den Iran, kam aber zurück nach Berlin, bevor er sich ein zweites Mal auf den Weg nach Osten machte.
Nach seiner Festnahme wegen Unterstützung der DTM wurde er zunächst von der Untersuchungshaft verschont. In dieser Zeit setzte er sich jedoch in die Türkei ab – vor der Grenze zu Syrien schnappten sie ihn abermals. Nach seiner Abschiebung wurde er vom Moabiter Kriminalgericht zu einem Jahr und zehn Monaten Haft verurteilt. Auch Hani N., der »Doktor« aus der Ramadan-Boygroup, schaffte es nicht in die Schlacht – obwohl er zu weit mehr bereit war. »Eine Frohe Botschaft erreichte uns soeben – unsere Brüder Hani und Samir wurden seit dem heutigen Nachmittag von der Gefangenschaft des Taghuts entlassen!« Diese Nachricht erschien Ende 2011 auf der Startseite der Webseite der dschihadistischen »Gefangeneninitative« www.ansarul-anseer.com – »taghut« ist ein altes Wort für »Götzendiener«.
Offenbar, so berichtete die Staatsanwaltschaft, hatten Hani und sein Freund Samir bei der Vorbereitung eines Anschlags eine Dummheit begangen: Sie versuchten, bei zwei unterschiedlichen Herstellern große Mengen Coolpads zu bestellen. Darin enthaltene Chemikalien sind Bestandteile von Sprengstoff. Beide Firmen machten Meldung bei den Sicherheitsbehörden, die die beiden observierten und kurz vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus im September 2011 hochnahmen. Als Hani und Samir wenige Wochen später wieder freigelassen wurden, reagierte die dschihadistische Community binnen Stunden, um zu zeigen, dass Scheitern auf dem Pfad Gottes keinen Ehrverlust bedeutet.
Ein fröhliches Willkommensfoto, das auf Facebook zirkulierte, zeigt Hani und Sami gemeinsam mit zwei neuen Stars der Szene: dem Österreicher Mohamed Mahmoud, der unter dem Namen Abu Usama Al-Gharib predigt, und dem deutschen Ex-Rapper Deso Dogg alias Mamadou Cuspert. Beide gelten als Wortführer der Gruppe Millatu Ibrahim, die eine der professionellsten Websites der Szene betreibt. Seit Mitte Januar ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Deso Dogg, ihm wird Volksverhetzung vorgeworfen. »Der Märtyrertod ist das schönste! Allahu akbar!« so lautet sein Mailboxspruch, auch wenn viele in der Szene ihn für einen Prahlhans halten, der keine relevanten Kontakte zu Al-Qaida hat.
Deso Dogg war noch nie in Waziristan. Aber seine Nasheeds – religiöse Songs mit dschihadistischer Kampflyrik – haben ihre Fangemeinde, auch im Ausland. »Wandert aus, wandert aus, Usbekistan, Afghanistan, wir kämpfen im Khorassan«. Khorassan ist der Name einer ostiranischen Provinz. In der Blütezeit der arabischen Geschichte stand er für das weite Zentralasien, wo die Muslime im 8. Jahrhundert ihre größten Siege errangen. Deso Dogg hält den Traum von der Schlacht für den Islam am Leben. Jenen Traum, aus dem Alican, Hani und Fathi wachgerüttelt wurden – und der Stefan, dem Deutschen, viel zu romantisch war.