Der Wirtschaftskrieg zwischen Nord- und Südsudan um die Ölreserven des Landes droht zu eskalieren. Nach gescheiterten Verhandlungen hat Khartum nun einen temporären Exportstopp verhängt.
Vergangene Woche stoppte die Republik Sudan sämtliche Ölexporte des Südsudans, nachdem es zu keiner Einigung in einem seit Monaten schwelenden Wirtschaftsdisput gekommen war: Seitdem der Süden des Landes am 9. Juli 2011 unabhängig vom Norden ist, sind Khartum ein großer Teil der Staatseinnahmen weggebrochen, die Währung verlor rund 30 Prozent ihres Wertes.
Bislang ist der Süden, der über rund drei Viertel der Ölquellen beider Staaten verfügt, jedoch auf die Küstenanbindung im nördlichen Öl-Verladehafen Port Sudan angewiesen. Gleichzeitig schlug die Regierung Salva Kiir Mayardits in Juba vor, 5,4 Milliarden US-Dollar an Ausgleichszahlungen an den Norden zu zahlen. Dieses Angebot wurde jedoch abgelehnt, verlangt wurde stattdessen ein Betrag von 36 Dollar je Barrel für Transport und Verschiffung.
Mit dem Verlauf der Gespräche unzufrieden, ließ Khartum den Konflikt vergangene Woche eskalieren, indem Ölminister Ali Ahmed Osman ankündigte, alle Öl-Exporte zu stoppen, bis eine gemeinsame Einigung gefunden werde. Neue Verhandlungen unter der Mediation der Afrikanischen Union sollen diesen Monat fortgesetzt werden. Parallel drohte der Süden, man müsse aufgrund knapper Lagerkapazitäten die Produktion wohlmöglich einstellen – ein Schritt, der beide Staaten empfindlich treffen würde.
China mischt sich ein
Die Hoffnung bleibt jedoch, dass beide Seiten lediglich so hoch pokern, um ihre Trümpfe möglichst teuer aus der Hand geben zu müssen. Dafür würde sprechen, dass Idris Mohammed Abdel Kader, nordsudanesischer Minister für das Präsidentenamt, am Mittwoch bekräftigte, dass der Exportstopp nicht von Dauer sei. Vielmehr habe man lediglich eine bestimmte Menge an Öl als Kompensation für die nicht gezahlten Transportgebühren einbehalten. »Wir haben die Exporte nicht eingestellt und werden es auch nicht tun.«
Besorgt von der Zuspitzung des Konfliktes, hat sich inzwischen ebenfalls die chinesische Regierung eingeschaltet. Luo Xiaoguang, Botschafter in Khartum, fand selten harte Worte und kritisierte das Agieren Nordsudans als »sehr ernst und ungerechtfertigt«. China zählt zu den wichtigsten Handelspartnern beider afrikanischer Staaten und nimmt auch ein Großteil des Öls ab.
Auch aus einem weiteren Grund ist das entschiedene Auftreten Chinas denkwürdig: Am 8. November enteignete Südsudan die staatliche nordsudanesische Erdölfirma Sudapet, die bislang Anteile an Ölfeldern im ganzen Land besaß. Neuer Kooperationspartner wurde daraufhin neben den staatlichen Fördergesellschaften aus Malaysia und Indien auch die China National Petroleum Corporation.
Je länger der Streit andauert, desto lauter werden in Juba die Stimmen, die den Bau einer neuen Pipeline unter Ausschluss des Nordens fordern. Eine solche könnte beispielsweise zum kenianischen Hafen von Lamu verlaufen. Genauso überlege man, ob man mit Hilfe von Raffinerien die Abhängigkeit von höherwertigen Öl-Produkten aus Kenia und Uganda verringern könnte.