Erstmalig schickt das saudische Königreich einen Kinofilm ins Rennen um die Oscars. In der Sparte »Bester ausländischer Film« wurde die deutsch-saudische Koproduktion »Das Mädchen Wadjda« von Haifaa al-Mansour eingereicht.
Von außen betrachtet ist Saudi-Arabien wahrlich ein schleierhafter Ort. Nun aber erobert ein Kinofilm aus diesem Land die Welt, in dem selbst überhaupt keine Lichtspielhäuser existieren. Mit »Das Mädchen Wadjda« lüftet die saudi-arabische Regisseurin Haifaa al-Mansour ein wenig, den Schleier der die absolutistische Monarchie umhüllt. Sie gibt Einblicke in das Leben von Frauen, die im saudischen Alltag wie unsichtbar sind – und dies ohne wertende Klischees zu reproduzieren.
Dafür wurden al-Mansour bereits mehrere Auszeichnungen zuteil. Unter anderen der »Friedenspreis des Deutschen Films« für ihre poetische Art Brücken zu schlagen, wo andere Gräben aufreißen. Umso erstaunlicher, dass der Film jetzt von offizieller Seite als Oscar-Anwärter nach Los Angeles geschickt wird. Denn al-Mansours Film handelt, wenn auch sehr feinsinnig und teils subtil, von einer kleinen Revolution.
So wird das Ende des Films zur Prophezeiung: Auf dem Fahrrad fährt Wadjda allen gesellschaftlichen Widerständen zum Trotz einer Zukunft entgegen, die hoffentlich mehr Freiheiten für sie und alle saudischen Frauen bereithält. Der Schluss liegt daher nahe, dass die saudische »Gesellschaft für Kultur und Künste« (SASCA) mit der Freigabe des Filmes eines bezwecken möchte – das Image des sonst so hermetischen Golfstaates aufzupolieren und zumindest nach außen Offenheit zu demonstrieren.
Doch in ihrer Erklärung zielt die Gesellschaft noch auf einen weiteren Punkt ab: »Wir möchten dem Wunsch nach mehr öffentlichen Kinoveranstaltungen entgegen kommen«, ließ ihr Vertreter Scheich Yehia Zereqan verlautbaren. Der saudische Regisseur Khaled al-Takheem kommentierte den Vorstoß folgendermaßen: »Alle saudischen Familien gehen ins Kino, wenn sie verreisen. Das Satellitenfernsehen ist aus keinem Haus mehr wegzudenken. Am Verbot von Kinos festzuhalten, ergibt längst keinen Sinn mehr.« So bündelt Wadjda eine weitere Hoffnung für Saudi-Arabien – dass Kino und Film den Platz einnehmen, der ihnen gebührt.
Das Mädchen Wadjda
Regie: Haifaa al-Mansour
Mit: Waad Mohammed, Reem Abdullah
Saudi-Arabien, 2013
Verleih: Koch Media
Laufzeit: 100 Minuten
Seit dem 5. September 2013 im Kino.
www.wadjda-film.de